Superheldinnen. Für mich sind das Frauen, die Dinge anpacken, die ihren Weg gehen, Rebellinnen. Frauen, die die Welt verändern. Idole. Vorbilder. Jede von uns hat da sicher auf Anhieb den Namen mindestens einer Frau im Kopf.
Manchmal, wenn ich lange im Auto unterwegs bin oder nachts nicht einschlafen kann, überlege ich mir für jeden Buchstaben des Alphabets eine Frau, die mich beeindruckt oder inspiriert – weil sie schlau ist oder revolutionär, besonders ehrgeizig oder kreativ. „E“ ist immer Ellen deGeneres, „M“ ist oft Madonna, „A“ ist meistens Angela Davis. „H“ ist Hillary Clinton (über sie habe ich übrigens meine Magisterarbeit geschrieben). „J“ ist Josephine Baker. „C“ ist manchmal Cleopatra … ich muss echt aufpassen, dass ich jetzt nicht wieder das ganze Alphabet besetze, sondern meinen Blogpost weiterschreibe …
Hatte ich als Kind weibliche Idole? Ich erinnere es nicht. Aufgewachsen als zweites von drei Mädchen („leider kein richtiges Kind“ wie meine große Schwester zu sagen pflegte) war meine Welt deutlich kleiner als heute. Meine Mutter war immer berufstätig, das hat mich sicher geprägt, aber die Erwartungen an meine Schwestern und mich waren trotzdem konservativ. Keine Experimente, keine Revolution, statt dessen krisensichere Ausbildungen: Hotelfachfrau, Kosmetikerin – „weibliche“ Berufe. Bundeskanzler? Raumfahrer? Informatiker? Nee, das kam für uns nicht in Frage. Das waren Männerberufe.
Heute ist das anders. Mädchen werden anders groß. Offener. Einer Studie* aus 2015 zu Folge trauen sie sich viel eher zu einen Beruf zu erlernen, wenn ihnen die weibliche Bezeichnung dafür vertraut ist. Dann gibt es keine „typischen“ Männerberufe mehr, aber eine Feuerwehrfrau, eine Ingenieurin, oder eine Schreinerin. (Das funktioniert übrigens auch anders herum: Erzieher, Sekretär, Geburtshelfer).
So einfach kann es sein: Sprache macht Menschen sichtbar oder unsichtbar. Die explizite Erwähnung von Männern und Frauen aktiviert im Gehirn Informationen, die auf die jeweilige Personengruppe bezogen sind. Wenn also jemand von „Feuerwehrmännern und Feuerwehrfrauen“ spricht, sehen die, die das hören, tatsächlich Männer und Frauen in Feuerwehrmontur vor sich.
Es braucht also die Sprache und – im Idealfall – ein Idol, um allen Kindern die gleichen Möglichkeiten und Perspektiven zu geben. Nadine Angerer und Manuel Neuer. Helmut Schmidt und Angela Merkel. Mami und Papi. Die beste Freundin und der Nachbarsjunge. Denn wer sagt denn, dass Superhelden und Superheldinnen immer prominent sein müssen?
Manchmal besetze ich mein Superheldinnen-Alphabet deshalb mit den Namen von Freundinnen, Nachbarinnen, Bloggerinnen oder Frauen aus meiner Familie. Weil sie mich motivieren Dinge zu tun, die ich sonst vielleicht nicht täte. Weil sie mich bestärken in dem, was wichtig ist und was nicht. Weil sie klar sind und konsequent, fürsorglich oder humorvoll, politisch engagiert, mutig oder alles zusammen.
Seit vergangenem Wochenende ist in meinem Alphabet das P neu besetzt. Ihr Besuch in Berlin war wunderbar! Wir haben viel geredet, wenig gesehen, keine Stadtbesichtigung, nur Wollgeschäfte <3 .
„P“ häkelt gerade einen Superhelden (wobei ich immer noch ein bißchen hoffe, dass es vielleicht eine Heldin wird ?) – weil auch sie sicher ist, dass Kinder Helden und Heldinnen brauchen.
Die Idee dazu kommt von der Initiative Handarbeit, die mit diesem Projekt Kindern in SOS-Kinderdörfern und benachteiligten Kindern zu mehr Bildung und damit zu besseren Perspektiven als Erwachsene verhelfen will. Weil in Deutschland die Zukunftsperspektiven von Kindern immer noch viel zu oft von ihrer sozialen Herkunft bestimmt sind.
Wenn Ihr also noch Kapazitäten habt Superheldinnen zu sein oder welche zu erschaffen … es gibt diverse Möglichkeiten: wie und was ihr tun könnt steht hier. Die Aktion läuft noch bis zum 15. November 2017 und da ist echt für jede/n was dabei: häkeln, stricken oder nähen nach kostenloser Anleitung. Den fertigen Helden spenden, die Heldin posten (die Initiative Handarbeit spendet dann für jede gezeigte Heldin) oder – wenn wirklich keine Zeit mehr ist bis Mitte November noch irgendein neues Projekt anzufangen – kann auch direkt gespendet werden. Guckt es Euch doch einfach mal an.
Ich werde eine Bären-Superheldin häkeln. Das habe ich mir fest vorgenommen.
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*Die Studie: Dries Vervecken, Bettina Hannover: Yes I can! Effects of gender fair job descriptions on children’s perceptions of job status, job difficulty, and vocational self-efficacy. In: Social Psychology Nr. 46 (2015), S. 76–92.
Wer mehr dazu lesen möchte, findet hier ein Interview mit Bettina Hannover, der Verfasserin der Studie.
Was tolle Frauen anbelangt: Wenn jemand da noch Inspiration sucht, guckt nach Ann Shen auf Instagram. Sie hat ein Buch über „Bad Girls Throughout History“ geschrieben, mit schönen (englischen) Texten und coolen Zeichnungen (die zeigt sie zum Teil auf Instagram).
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