Eigentlich habe ich über den Sunday Sweater ja gerade erst geschrieben, aber vielleicht war das zu früh. Die Geschichte des schönen Pullovers ging nämlich noch weiter und das so wunderbar, dass ich jetzt nicht umhin komme, nochmal davon zu erzählen – und meinen Sunday eher nicht zu verschenken (ja, ich habe darüber nachgedacht), sondern zu behalten.
Aber von vorne: vor gut 14 Tagen wollte ich die Gasttochter (erinnert Ihr Euch an sie?), die uns für ein paar Tagen besuchen kam, von der Bahn holen. Schon früh kündigte sich allerdings an, dass ihr Zug Verspätung haben würde … Dann wurde die Verspätung aufgehoben … Dann doch nicht. Kurz: wann der Zug kommen würde war fraglich und so fuhr ich lieber rechtzeitig los.
Nicht jedoch ohne vorher Andrea zu fragen, ob sie ein schönes Café in der Nähe kennen würde und – siehe da – sie kannte tatsächlich eins. Und nicht nur das – sie hatte auch Zeit, mir dort Gesellschaft zu leisten. Konnte es besser sein? Wohl kaum!
„Sie werden bereits erwartet“, sagte die Bedienung, als ich im Café ankam. Tatsächlich war Andrea schon da, alle anderen Tische in dem kleinen Raum waren frei. Bei Kaffee und Käsekuchen haben wir uns herrlich unterhalten. Über Jobs und das Leben, über Wolle, aktuelle Projekte, die eigenen und Gastkinder und jedes Mal, wenn ich aufs Handy guckte (zugegeben oft), hatte die Verspätung des Zuges ein bißchen mehr zugenommen. Also schwatzen wir weiter.
Irgendwann war auch einer der Nachbartische besetzt. Eine Mutter mit zwei erwachsenen Söhnen so schien es und sie fielen mir tatsächlich nur auf, weil ich dachte: so möchte ich das auch, wenn der Sohn ausgezogen ist. Entspannt mt ihm im Café sitzen.
Was ich bei allem nicht gesehen habe, war, dass es auch einen Nachbarraum gab und aus diesem kamen nach einer Weile zwei Frauen und gingen Richtung Ausgang. Eine der beiden sah mich ganz merkwürdig an, ging an uns vorbei, kam dann aber doch nochmal zurück. „Toller Pullover“, sagte sie, „den möchte ich auch unbedingt stricken!“ und für einen Moment wußte ich tatsächlich nicht, was ich sagen sollte. Hatte ich doch die exakt gleiche Situation in einem Kreuzberger Café erlebt, mit dem Unterschied, dass ich es Anfang des Jahres war, die den Sunday Sweater an einer anderen Frau bewundert hatte. Und nun also das Gleiche wieder, nur andersherum. Verrückt! (Aber ein so schönes Verrückt).
Aber damit nicht genug! Kaum waren die Beiden gegangen, stand die Frau vom Nachbartisch auf, kam an unseren Tisch und zeigte mir das Display ihres Handys. Ich bin normalerweise nicht langsam – da war ich es. Und so dauerte es gefühlt ewig, bis ich erkannte, dass sie mir ihre und meine Kommunikation auf Instagram zeigte. Ganz unten stand „Sitzt Du gerade im PapalaCup?“
Ja, da saß ich und sie hatte mich erkannt!
Weil ich so oft aufs Handy guckte, hatte sie mich über Instagram angeschrieben. Um sicher zu gehen, dass ich es wirklich war, ehe sie mich ansprechen würde. War es doch Jahre her, dass wir uns zuletzt gesehen hatten und – wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht – auch nur ein einziges Mal im Rahmen einer Veranstaltung bei DaWanda. (DaWanda, das war mal ein Berliner Online-Marktplatz für handgefertigte Produkte. Sowas wir Etsy. Das Ladengeschäft wurde im Sommer 2018 geschlossen).
Sieben Jahre! Und dennoch hatte sie mich – aufmerksam geworden durch die andere Frau – erkannt. „Die kenne ich“ meinte sie zu ihren Söhnen, die wohl sowas entgegneten wie „Nee, is‘ klar Mama. Du bist hier zu Besuch, 4 Millionen Menschen leben in Berlin, ein einziger Tisch im Café ist besetzt und ausgerechnet die, die an diesem Tisch sitzt, kennst du? Tsss …“ Ich glaube, ich hätte es meinem Sohn in ähnlicher Situation auch beweisen wollen 😉.
Wie schade Marta, dass Du keine Zeit hattest! Ich hätte es wunderbar gefunden, wenn Du Dich für einen Moment zu uns gesetzt hättest. Laß uns das sehr gerne für Deinen nächsten Besuch in der Hauptstadt planen.
Draußen ist es unverändert frisch – genau das richtige Wetter, um den Sunday Sweater noch ein paar Tage zu tragen. Und jedes Mal, wenn ich das tue, freue ich mich grinsend an ihm und seiner Geschichte. Mal sehen, was er kommenden Herbst erlebt!
Was ist das Verrückteste, das Dir je in Sachen Wolle passiert ist?
Es ist doch immer wieder schön mit dir 😊 und immer ist was los oder ich lerne tolle Menschen kennen!
Mir sind schon einige Dinge passiert. „Ist das die Diary?“ „Haben sie den Kolding gestrickt? Wie groß ist der in Wirklichkeit?“ „Bist du Andrea Karminrot?“ …
Liebe Grüße
Andrea
„Bist Du Andrea Karminrot?“ – das war in der Tat ein besonderer Moment!
Ich bin gespannt, was wir noch alles erleben 🙂
Liebe Grüße
Carina.
Liebe Carina,
das war ja jetzt so schön zu lesen und hat mir wirklich gut gefallen. Solche Zufälle schreibt nur das Leben. Dein Pullover ist aber auch schön!!! Ich muss gleich mal genauer schauen, bin zwar eher die Jackenanzieherin als die Pulloverträgerin aber man weiß ja nie was das Leben schreibt :-))) Ich hätte mich auch gerne zu Dir und Andrea an den Tisch gesetzt.
Liebe Sonntagsgrüße
Kerstin und Helga
Wer weiß – vielleicht ergibt es sich ja mal.
Ich würde mich darüber freuen!
Liebe Grüße
Carina.
Vor mehr als zwanzig Jahren habe ich in jedem Jahr unzählige Sockenpaare in unterschiedlichen Größen für den Advents-Basar der Waldorfschule gestrickt. Eines Tages ist eine Frau auf mich zugekommen, um mich zu fragen, ob ich ihr behilflich sein könnte, eine besondere Idee umzusetzen. Sie wollte winzig kleine Söckchen auf Zahnstochern gestrickt haben, die zusammen mit den Zahnstochern und einem noch winzigeren Rest-Wolle-Knäuel an Jahresend-Briefen an Freunde und Verwandte befestigt werden sollten. Dazu hatte sie sich einen Text ausgedacht, in dem der „Lebensfaden“ und das „Stricken am Leben“ eine Rolle spielte.
Liebe Andrea – was für ein ungewöhnliches Projekt!
Zahnstocher sind wahrscheinlich 1,5er Nadeln vergleichbar, oder?
Ich hätte zu gerne eine dieser Karten gesehen.
Danke für’s Erzählen und viele liebe Grüße
Carina.
Tatsächlich sind die Zahnstocher 2er Nadeln vergleichbar – ich hab’s gerade nachgemessen, weil ich auch eher 1,5 oder noch dünner geschätzt hätte. So kann man sich täuschen.