Mittwoch hat mich der Teenager aus dem Unterricht angerufen. Gleich nachdem der Direktor sie informiert hat: Ein Freund und Klassenkamerad wurde positiv auf Covid-19 getestet. Der Freund, mit dem er Montag drei Freistunden verbracht hat … Also bin ich zur Schule gefahren, habe ihn aus dem Unterricht geholt (in mir ist Dwayne Johnson) und testen lassen.
Plötzlich ist alles ganz nah.
Donnerstag blieb er zu Hause und schlief sich aus. Teenager schlafen morgens gerne lange. Weiß ich, steht überall und doch … Ich fing an, Symptome zu vermuten. War das jetzt Teenager-typisches Verhalten oder Zeichen einer Infektion?
Donnerstagabend kam Entwarnung: Negativ!
Aber um einer Inkubationszeit von mindestens 5 Tagen gerecht zu werden, haben wir entschieden, er bleibt Freitag noch zu Hause. Wissend, dass er in die 11. Klasse geht. Dass jede Stunde zählt, dass Dienstag die erste Klausur geschrieben wird, dass … ach, was solls. Es gibt Wichtigeres.
Freitagmittag rief das Gesundheitsamt an. Der sehr freundliche Mann sagte, wir hätten den Test zu früh gemacht. Der Teenager sei Kontaktperson ersten Grades und deshalb müssen wir in Quarantäne bis zum 12. Oktober. Außerdem müsse der Test am kommenden Montag wiederholt werden. Ich bekam eine „Anordnung der häuslichen Isolation“ per eMail. Unter anderem mit der Maßgabe „zweimal täglich (mit einem Zeitabstand von mindestens sechs Stunden zwischen den Messungen) bei Ihrem Kind Fieber zu messen und Symptome, Temperatur sowie Aktivitäten zeitlich zu erfassen.“
Als der Sohn wenig später aufwachte, hatte er 37,7°. Keine Symptome. Keine Aktivitäten.
Den Nachmittag verbrachte er im Chat und an der PS4 mit dem infizierten Jungen und zwei anderen, die auf ihre Testergebnisse warten. Ich glaube, es hat ihm sogar gefallen. Nachmittags hatte er Fieber: 38,4°. Ab ins Bett!
Abends waren es 38,9° und meine Nerven dünn. Ich habe mich immer für pragmatisch gehalten. Bin ich es nicht?
Wenn ich krank bin – das kann ich. Wenn er krank ist – das kann ich nicht. Auch wenn er schon 16 ist. Nicht in sein Zimmer zu gehen und wenn doch, dann mit Maske. Ihn alleine essen zu lassen (ja, er ißt und der Geschmackssinn funktioniert. Kann ich irgendwann wieder normal denken?), ihn nicht umarmen zu können (zumindest nicht vor dem Ergebnis des zweiten Tests) – das ist so schwer. Weggehen, wenn ich hingehen möchte.
Heute morgen scheint das Fieber weg zu sein: 37,4°.
Wie immer das weiter geht. Es ist nur zur Sicherheit. Niemand weiß, ob er sich wirklich infiziert hat. Meine Nachbarinnen haben angeboten, für uns einkaufen zu gehen. Arbeiten kann ich von zu Hause. Draußen ist Sonne und wir haben einen Garten. Eigentlich ist alles gut. Eigentlich.
Montag kommt nach Samstag – das ist mein Mantra. Was immer jetzt kommt: es hat nach der Konfirmation begonnen. Dieses so schöne kleine Fest. 16 Menschen auf knapp 50qm. Bei offener Verandatür und offenem Fenster. Draußen 12 Grad und naß. Vielleicht haben wir uns ja einfach nur erkältet.
Meine Schwester hat mir kleine rosa Herzen gebacken.
Die esse ich jetzt. Wenn die Dose leer ist, ist der Spuk vorbei.
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Geteilt in Andreas Samstagsplausch. (Stricken wir virtuell am Montag?)