Über Andrea’s Samstagsplausch habe ich Antetanni’s Blog und ihre Sonntags Top 7 entdeckt. Woche für Woche fragt Antetanni hier nach den immer gleichen sieben Themengebieten: Lesen – Musik – Flimmerkiste – Erlebnis – Genuss – Web-Fundstück/e – und Hobbys. Seit Juni 2021 bin ich einmal im Monat mit dabei.
Hier sind meine Sonntags Top 7 für Juli:
Lesen
Entgegen allen Vorsätzen habe ich nicht gelesen. Nicht ein einziges Buch. Die Tage sind zu kurz, die to-do-Liste zu lang, die Prioritäten sind andere. Stattdessen höre ich Podcasts wann immer es geht. Aktueller Favorit ist Heavyweight.
Heavyweight ist ein von Jonathan Goldstein entwickelter und produzierter Podcast, in dem er versucht, Menschen dabei zu helfen (und tatsächlich auch hilft), ein Ereignis aus ihrer Vergangenheit, das sie belastet, so zu klären, dass sie es abhaken oder annehmen können.
“Each episode finds the host Jonathan Goldstein moderating a fraught moment intensified by years of distance: a time when someone broke a promise, or another person’s heart. The hurt is still there—sometimes for everyone, sometimes for just one person who can’t let something go. Goldstein leads special-ops soul-searching missions, seeking common ground between the aggrieved and the blissfully ignorant” (The Atlantic).
Da sind die Geschwister, die als Kinder getrennt wurden und die 50 Jahre später von der damals verantwortlichen Sozialarbeiterin wissen wollen warum. Oder Bobbby, der sich bis heute schämt für eine seiner Ansicht nach grauenvolle McDonalds Werbung, die er gemacht hat. Oder Ashley, die wissen möchte, warum ihre (verstorbene) Großmutter die Liebe ihres Lebens nicht geheiratet hat. Gestern habe ich gehört, wie Goldstein versucht Adam zu helfen, der sicher ist, vor Jahren Fidel Castro in Kanada gesehen zu haben, aber keiner glaubt ihm.
Goldstein zur Seite steht dabei immer Kalila Holt, die einen so wunderbaren Humor hat, dass ich Folgen, die sie moderiert fast noch ein bißchen lieber habe. All das ist nicht super intellektuell, aber irgendwie herzerwärmend und zumindest im Moment genau dass, was mir gut tut. Abgesehen davon verbessert es mein Englisch.
Musik
Zur Zeit höre ich fast ausschließlich klassische Musik. Klarinette und Oboe sind ganz hoch im Kurs. Das Adagio aus dem Konzert für “Klarinette und Orchester A-Dur KV 622” von Mozart zum Beispiel. Oder alles, was Albrecht Mayer auf der Oboe spielt. Toll ist auch das Ave Maria, gesungen von Inessa Galante.
Erlebnis
Das müßte diesen Monat eigentlich eher Highlight heißen. Mitte Juli sind der Mann und ich spontan für acht Tage verreist. Vier Wünsche hatten wir an unser Urlaubsziel: (1) Mit dem Auto erreichbar, (2) am Meer, (3) auch bei kurzfristiger Buchung bezahlbar und (4) nicht überlaufen. Daraus wurden Ferien in Gdynia an der polnischen Ostseeküste. Da haben wir uns dann vom Wind durchpusten lassen, sind Kilometer am Wasser entlang gelaufen, haben (natürlich) alle öffentlichen Verkehrsmittel ausprobiert (immer noch das Schönste für den Mann), haben Piroggen und Fisch gegessen, waren einzige Passagiere eines großen Fährschiffes, haben uns Gdansk angesehen, ein französisches Café und seinen französischen Inhaber kennengelernt und sind vielen herzlichen und hilfsbereiten Polen begegnet.
Und natürlich habe ich überall kleine Blätter verteilt, in der Hoffnung, dass Menschen sie finden und sich darüber freuen.
Unser Zuhause in dieser Woche war eine Wohnung keine 100 Meter vom Meer entfernt, im dritten Stock eines Mehrfamilienhauses mit umlaufendem Balkon und Baumkronen auf Augenhöhe. Allabendlich ins Grün zu gucken und dabei den Möwen zuzuhören, war ebenso skurril wie erholsam.
Es heißt, dass das geschriebene Polnisch so schwer ist und die Grammatik so kompliziert, dass nicht mal alle Polen es fehlerfrei beherrschen. Das glaube ich sofort. Für uns waren schon Schilder und Speisekarten eine Herausforderung. Kaum ein Wort ließ sich aus den Sprachen, die ich kann/kenne, herleiten. Noch weniger Worte konnten wir fehlerfrei aussprechen. Wie gut, dass die meisten Polen, die wir um Hilfe baten, englisch oder deutsch konnten. Viel gelacht haben wir bei all dem auf jeden Fall 🙃.
Genuss
Ein paar Tage habe ich noch frei und genieße das unendlich. Gleichzeitig bin ich fasziniert, wie lange es dennoch dauert ‘runterzukommen, to unwind (tolles Wort!). Und je älter ich werde, um so länger dauert es wohl. Also so sitze ich, gucke untätig in die Gegend und die Zeit vergeht.
Wie jeden Sommer ist mein Blog darüber eingebrochen – zumindest empfinde ich es so. Kaum ein Fünftel der Besucher:innen, die zu allen anderen Jahreszeiten hier vorbei kommen, sind momentan da. Egal, was ich zeige oder schreibe. Ein Sommerloch. Und wie jeden Sommer frustriert es mich anfänglich, ehe ich es als gegeben hinnehmen kann.
(Warum ich das jetzt unter ‘Genuß’ schreibe? Weiß der Himmel. Es hat sich so ergeben.)
Flimmerkiste
Wir sehen Nachrichten und denken an die, die in dem Hochwasser alles verloren haben, deren Leben nicht mehr so ist, wie es mal war. Freunde seit Kindertagen ebenso, wie völlig Fremde. Luftaufnahmen, die mich sprachlos machen. Es heißt, der Pegel der Ahr sei in kaum 15 Minuten um 7,50 Meter gestiegen. Die Gewalt des Wassers, die Hilflosigkeit der Menschen, die Toten und Vermissten – es treibt mich um.
Helfen kann man vor Ort oder durch Spenden. Eine Übersicht wie das funktioniert, wie man am besten in die betroffenen Regionen kommt, was man mitbringen sollte und warum Sachspenden nicht mehr benötigt werden, ist hier.
Web-Fundstück/e
Keine Webfundstücke. Dazu war ich zu wenig online in letzter Zeit. Warum sollte ich anders sein als andere? Auch ich lese momentan weniger Blogposts, kommentiere weniger, bin weniger auf Instagram.
Hobbys
Hier müßte jetzt eigentlich was Tolles kommen, irgendwas, was diesen Blogpost ein bißchen aufpeppt – wenn ich schon nicht lese, Ferien habe und Zeit. Kommt aber nicht. Denn ich habe tatsächlich vergessen mein Strickzeug mit in die Ferien zu nehmen. Genau: ich (!) bin ohne (!) Strickprojekt verreist, weil ich den gepackten Projektbeutel mitten in der Küche stehen gelassen habe … Besser kann man wohl kaum beschreiben, wie urlaubsreif ich war.
Irgendwie geistesgegenwärtig habe ich allerdings noch nach dem angefangenen Knäuel gegriffen, das hier noch von der Talmadge Cloche lag, ehe ich die Haustür hinter mir zugezogen habe. So ganz ohne Wolle war ich also doch nicht. Und in Gdynia gibt es ein Wollgeschäft, in dem ich ein 2er Kolibri Nadelspiel gefunden habe. So habe ich immerhin ein Paar Socken anfangen können.
Mittlerweile ist nicht mehr das Kolibri-Nadelspiel, sondern die Lieblingsnadel im zweiten Sock und ein Ende ist absehbar. Vorausgetzt, die Wolle reicht (was sie nicht tut. Das verdränge ich jetzt aber erstmal).
Was hast Du gemacht im Juli? Wie geht es Dir?