Schaukelstuhl

Vor Jahren haben mir Freundinnen zum Geburtstag Gutschein und Geld geschenkt, damit ich mir einen Schaukelstuhl kaufen könnte. Das war lange Zeit mein allergrößter Wunsch. Aber wie es manchmal so ist mit Wünschen, die man lange hat … erst fand ich keinen Stuhl, der so perfekt war, wie ich ihn haben wollte, dann fehlte der Platz und dann brauchten wir ein Sofa …

Liest sich schlimmer, als es war. Ich sitze gerne auf dem Sofa und seit wir es haben, habe ich auch nicht mehr über Schaukelstühle nachgedacht.

Bis mir Anfang der Woche einer online als Kleinanzeige angezeigt wurde. Ohne dass ich danach gesucht hätte. Plötzlich war er da. Einmal drauf geklickt aus Neugierde, (bißchen geseufzt), dann den nächsten Stuhl angesehen, (wieder geseufzt), den übernächsten … kennen wir alle, oder?

Um es kurz zu machen: Ende vergangener Woche habe ich einen (meinen!) Schaukelstuhl am anderen Ende der Stadt abgeholt. Er ist kleiner als er auf den Bildern wirkte, deutlich abgenutzter als ich gedacht hätte, vielleicht zu teuer für das, was er ist. Aber ein tolles Design. Und unglaublich bequem ist er obendrein. Findet übrigens auch der Teenager, der ihn mit „echt chillig“ kommentierte, die langen Beine faltete und erstmal sitzen blieb. In einer Hand das Handy, in der anderen eine Banane.

Entworfen wurde der Rex (so heißt mein Stuhl) Anfang der 1950er Jahre von dem Industriedesigner Niko Kralj. Mittlerweile ein Design-Klassiker findet man Rex heute nicht nur in der Designkollektion des Museum of Modern Art in New York, sondern auch im Designmuseum Danmark in Kopenhagen, im Museum für angewandte Kunst in Wien, im Museum for Industrial Design in Prag und – ich sage das nicht ohne Stolz – auf meiner Veranda.

Er ist aus massivem Buchenholz gemacht und hat einen tollen Klappmechanismus, so dass er sich super einfach verstauen oder an die Seite stellen läßt, wenn er nicht gebraucht wird. Sitzfläche und Rücken sind perfekt geschwungen und wahrscheinlich kann meine Begeisterung nur nachvollziehen, wer einmal auf einem Rex gesessen und leicht gewippt hat.

Um das Designlexikon zu zitieren: „Die Idee für den «Rex» entstand im Umfeld der frühen 50er-Jahre – als Möbel für die kleinen Wohnungen der Nachkriegszeit. Dies inspirierte Kralj dazu, ein minimalistisches, leichtgewichtiges und preislich attraktives Produkt zu kreieren. Das Design ist ergonomisch perfekt durchdacht; die Spalten zwischen den Leisten erzeugen ein luftiges Gefühl. Inzwischen ist der Stuhl Teil einer Serie, die einen Loungestuhl, einen Schaukelstuhl, eine Kinderliege und einen Kaffeetisch umfasst.“

Ein bißchen habe ich dennoch gehadert. Weil „preislich attraktiv“ immer subjektiv ist, weil ich den Kopf nicht anlehnen kann, ich kann mich nicht auf der Sitzfläche zusammenrollen und die Armlehnen sind zu kurz, um die Arme wirklich abzulegen. Und? Was davon ist wirklich wichtig?

Ich kann darauf sitzen, stricken und in den Garten gucken –  könnte also nicht besser sein. Und so lange es noch warm genug ist, bin ich entschlossen, genau das zu tun. Nächstes Frühjahr sehe ich weiter.

Sollte Rex mich dann doch irgendwann verlassen, wird er bis dahin Kulisse für viele Instagram Posts und Blogposts gewesen sein, hat Pia gestern gesagt. Pia hat wahrscheinlich recht.

Deshalb heute ‚Rex pur‘. Rex mit nichts als sich selber. Rex vor heller Hauswand. Rex auf der Veranda. Ich sehe einen Projektbeutel zu seinen Füßen, ein angefangenes Strickzeug auf der Sitzfläche, eine Decke über der Rückenlehne.

Ich denke, er bleibt hier.

 

4 Comments
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annette
3 Jahre zuvor

….schaukelstuhl klasse…ich glaube irgendwann brauche ich auch mal wieder einen….schon hänge ich meinen gedanken nach, an meinen schaulestuhl….
danke dir dafür
herzlichst
annette

Stefanie
3 Jahre zuvor

Na ich werde bald mal probeschaukeln dürfen, hoffe ich! Sieht auf jeden Fall einladend aus der Rex.