Manchmal kommt es anders, als man denkt, anders, als man es sich wünscht und so haben wir an den vergangenen Wochenenden die Wohnung meiner Schwiegermutter aufgelöst. Freitag 519 km nach Nordrhein-Westfalen, Samstag sortieren, packen, räumen, Sonntag 519 km mit vollem Auto zurück nach Berlin. So lange, bis alles verteilt, verschenkt und eingelagert war.
Unsere Nachbarin, die das gleiche Porzellan hat (verrückter Zufall!), hat sehr gerne nochmal „6-fach von Allem“ genommen. Der Berliner Tischler freut sich über vier Monstera-Pflanzen und einen Gummibaum. Die Nähmaschine musste vergangenen Freitag noch einmal quer durch die Republik, um in ihr neues Zuhause zu kommen und was wir mit all dem machen, was hier noch steht, weiß ich noch nicht so genau. Platz dafür gibt es eigentlich nicht, aber den werden wir machen. Weil der Mann es sich wünscht.
Es ist nicht leicht, die Wohnung eines Menschen auszuräumen, gleich nachdem er nicht mehr da ist. Ich hätte sie lieber noch eine Weile so gelassen, wie sie war. Aber das ist eine Option, die man in Mietwohnungen nicht hat. Vielleicht hat jedoch genau das auch sein Gutes? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, wie anstrengend die vergangenen Wochen waren. Emotional und körperlich.
Bei allem habe ich meine Schwiegermutter rückblickend nochmal ganz anders kennengelernt. Die vielen Fotos, die sie gemacht hat. Ihre Leidenschaft für Glas, Porzellan und Seidentücher. Und dann war da die Kommode in ihrem Schlafzimmer: drei Schubladen voll mit Stoffen und Scheren, Nähseide und Knöpfen. Wenige Stricknadeln, eine alte Strickliesel, einzelne Knäuel Wolle und in der untersten Schublade ein angefangenes Projekt. Wahrscheinlich der Ärmel eines Pullovers oder einer Jacke. In Reihen am Handgelenk begonnen und in einer Farbe, die ich nie an ihr gesehen habe.
Hätte ich ihr eine Farbe zuschreiben sollen, wäre das hellblau oder wollweiß gewesen. Nicht dieses erbsengrün. Online habe ich nach dem Hersteller gesucht und festgestellt, dass das Garn wohl schon eine Weile nicht mehr zu kaufen ist. „Discontinued“ heißt es dort. Ravelry-Projekte daraus sind über 15 Jahre alt. Wie lange mag es bei ihr gelegen haben? Und warum diese Farbe?
Ich habe angefangen, einen Pullover daraus zu stricken. Raglan-von-oben, glatt rechts, oversized. Die passende Anleitung habe ich bei Heidi Kirrmaier gefunden und der Anfang ist gemacht. Nicht ganz perfektes Maschenbild, weil das Garn schonmal verstrickt war, aber es stört mich nicht. Im Gegenteil. Schließlich hat dieses eine der 12 grünen Knäuel eine Geschichte. Und die soll es gerne behalten.
Es strickt sich schön und schnell und wer weiß – vielleicht trage ich den fertigen, erbsengrünen Pullover noch in diesem Frühling.
Manchmal wundert man sich einfach nur, was man in den Schubladen findet. Aber irgendwie scheint diese Wolle nur auf dich gewartet zu haben.
Ich bin gespannt, wie es bei dir weitergeht.
Liebe Grüße
Andrea
Oh, das bin ich auch!
😘 Carina.
Hallo unbekannterweise,
dein Beitrag hat mich gerade gepackt und brachte mich dazu wieder an Oma zu denken, daran ihre Wohnung 2021 zu räumen und Dinge einfach nicht entsorgen zu können…
Die Idee mit dem neuen Projekt ist wunderschön- meine Oma hat auch gestrickt meist mit günstiger Wolle, aber ich habe sie mit mit genommen und nutze sie immer wieder gerne.
Ich wünsche euch für das was kommt noch ganz viel Kraft, Durchhaltevermögen und immer ein lächelndes Auge wenn ihr an Sie denkt.
Liebe Grüße
Dany
Liebe Dany,
danke für Deinen lieben Kommentar, der mich freut.
Schön zu wissen, dass wir beide nicht nur geerbte Wolle, sondern auch Gedanken verstricken.
Liebe Grüße
Carina.