Es gibt Städte, die gar nicht weit weg von Berlin liegen und doch sind wir in über 20 Jahren nie hingefahren. Nicht ein einziges Mal. Immer nur Berlin. Ab und an Potsdam. Sonst nichts. Schon verrückt! Ich erinnere nicht, je in Brandenburg gewesen zu sein, oder in Werder, in Oranienburg oder Jüterbog. Einmal in Frankfurt/Oder und einmal in Dessau. Das war’s.
Aber, wie heißt es so schön? Aufgeschoben ist nicht aufgehoben und so haben wir im April die Gelegenheit genutzt und sind nach Cottbus gefahren, als der Teenager dort um die Ostdeutsche Meisterschaft gespielt hat. Zwei Spiele, eins morgens, das andere am späteren Nachmittag und zwischendurch Zeit für die Stadt. Das war die Idee.
Ich habe lange nichts mehr vom Teenager erzählt, denke ich gerade. Seit vergangenem Herbst ist er wieder näher an Berlin. Bremerhaven war tatsächlich weit – gar nicht mal wegen der Kilometer, sondern weil es keine Direktverbindung gibt. Also U-Bahn bis zum Berliner Bahnhof und dann umsteigen, erst in Hamburg, dann in Bremen. Mindestens 5 Stunden Reisezeit, eher sechs. Nichts, was man mal so am Wochenende fährt. Und wenn doch, dann nicht oft. Aber das ist ja nun Vergangenheit.
Mittlerweile lebt er in einer der von uns so lange missachteten Brandenburger Städte, keine zwei Stunden von Berlin entfernt und ist deshalb tatsächlich auch immer wieder. Um Freund:innen zu sehen, auszugehen, die Großstadt zu atmen und – natürlich – um Basketball zu spielen. Ihn wieder spielen zu sehen, ist echt ein Glück!
Aber zurück zu unserer Fahrt. Wir – der Mann und ich – sind also nach Cottbus gefahren. Begleitet hat uns die Gasttochter. Von der habe ich bisher noch gar nicht erzählt. Sie ist 15, lebst seit Anfang des Jahres bei uns, kommt aus einem anderen Land, geht für ein halbes Jahr in Berlin in die Schule und wird mir sicher fehlen, wenn sie im Sommer zurück nach Hause fährt. Ihre Eltern haben Ende 2023 eine Familie für sie gesucht und über viele Ecken habe ich davon erfahren. So kam sie zu uns.
In unserem Gästezimmer haben in den letzten Jahren immer wieder junge Frauen gewohnt, die in Berlin kein WG-Zimmer gefunden haben. Manchmal nur wenige Wochen, manchmal für einige Monate. Zuletzt, im vergangenen Sommer, eine belgische Studentin. Sie hatte ein Angebot, mit einem deutlich älteren Mann in WG zu wohnen, der allerdings uneingeschränkten Zugang zu ihrem Zimmer wollte, um sich dort, wann immer ihm danach war, aufzuhalten. Schließlich sei dort das Licht schöner als im Rest der Wohnung. Ist klar … Mag sein, dass sein Angebot aufrichtig war, glaube ich aber nicht. Also zog sie zu uns, bis sie nach wenigen Monaten eine eigene Wohnung fand.
Jede dieser jungen Frauen hatte ihre eigene Geschichte; jede war eine Zeitlang Teil unserer Familie; jede ist mir ans Herz gewachsen. Auch die Gasttochter habe ich wirklich gerne und doch ist dieses Mal alles anders. Sie ist mit ihren 15 Jahren deutlich jünger als die anderen, ich fühle mich ungleich mehr verantwortlich. Hinzu kommt, dass sie deutlich präsenter ist. Mal himmelhochjauchzend, dann wieder zu Tode betrübt, ein Wirbelwind, der uns mit großer Intensität an ihrem Leben teilhaben läßt. Hui!
Wer Töchter hat, wird das kennen – für uns ist es neu. Aber jetzt bin ich wieder vom Thema abgekommen. Vielleicht sollte ich über Cottbus einfach ein anderes Mal schreiben. Das wird nichts heute. Dabei war es wirklich schön dort. Das beeindruckende Staatstheater, ein großer Flohmarkt, dazu weltbester Kuchen im Theatercafé Schiller (große Empfehlung!), wunderschöne Strassenzüge (zugegeben, auch ein paar weniger schöne …), überall Grün und spät am Abend Pizza in der Trattoria Il Sardo, zu der auch ein Feinkostladen gehört (auch da solltet Ihr unbedingt mal hin, wenn Ihr in der Gegend seid!). Da meint man, Cottbus liegt in Italien 🇮🇹.
Bei allem haben die Jungs ihr Turnier übrigens nicht gewonnen, macht aber nichts. Sie haben sich dennoch für die Norddeutschen Meisterschaften qualifiziert und das ist alles, was zählt. Könnte also sein, dass ich demnächst von einem Ausflug nach Hamburg berichte …
Verlinkt zu Andreas Samstagsplausch.
Cottbus stand ja nun noch gar nicht auf meinem Plan. Vielleicht sollten wir es mal in Betracht ziehen.
Ich glaube gerne, dass dir die jungen Frauen ans Herz gewachsen sind. Würde mir bestimmt auch so gehen.
Toll, dass die Jungs sich noch qualifiziert haben, Hamburg ist auch super. Da will ich auch bald wieder mal hin.
Liebe Grüße
Andrea