Melanie Berg hat ihrer Kollektion ein neues Buch hinzugefügt: ‘Sweaters‘, ist im August im Frech-Verlag erschienen – vergangene Woche hatte ich es in der Post. Und es ist in so vieler Hinsicht ungewöhnlich, dass ich gleich darüber schreiben möchte.
Das mache ich normalerweise nicht. Für mich gehört es zu einer guten Rezension dazu, immer mindestens eine Anleitung nachzustricken, nur fehlen mir dazu momentan freie Nadeln und Zeit. Wobei ich allerdings auch keine Zweifel daran habe, dass jede der Anleitungen im Buch leicht nachzuarbeiten ist und passt – wie immer bei den Designs von Melanie Berg.
Für die, die sie bisher nicht kennen: Sie war Fachinformatikerin, bevor sie Strickdesignerin wurde. Anders formuliert: Wer IT-Systeme installieren kann, Software-Anwendungen entwickeln und IT-Prozesse optimieren, wer über so viel technisches Verständnis, logisches Denken und Problemlösungskompetenz verfügt, liebt Mathe und kann stricken. Geht gar nicht anders 😉.
Melanie Berg, die ich zuletzt bei der h+h in Köln gesehen habe, entwirft seit sicher 10 Jahren (müßte ich nachgucken, habe ich nicht) Strickmodelle, die sich durch klare Linien und einen lässigen Look auszeichnen. Sie ist nicht nur super sympathisch und nahbar – ihr offener Umgang mit ihrer eigenen Krebserkrankung (die zum Glück überwunden ist!), aber auch ihr Engagement für wohltätige Zwecke und Organisationen haben sie (nicht nur als Designerin) noch bekannter in der Strickszene gemacht, als sie ohnehin schon war.
Aber zurück zum Buch: Nach ‘Shawls’ und ‘Colorwork Shawls’ nun also ‘Sweaters’. Erschienen im August 2024 enthält es Anleitungen für 13 Pullover, Jacken und Shirts – alle unterschiedlich und jede besonders. Ein besonderer Schnitt, besonderes Garn, besondere Farbkombinationen oder Knöpfe. Kurz: in jeder Anleitung steckt einmal mehr die Aufforderung, etwas Einzigartiges herzustellen.
Poncho oder Cardigan, FairIsle oder Blockstreifen, Fledermausärmel, lange Ärmel oder gar keine und immer wieder Lace. Auf oder um die Schultern, am Saum oder über die Länge der Arme. All das in den schönsten Garnen. Sie sind wolkig-weich oder eher rustikal, pastellig oder in Erdtönen. Eine wunderbare Vielfalt an Oberteilen, alle mit Potential zum “Must-have”.
“Mach, was Du willst”, schreibt sie dazu und ich weiß, die Betonung liegt auf dem “Du”.
Natürlich ist jede Anleitung ausführlich beschrieben und Melanie Berg wäre nicht Melanie Berg, wenn es nicht zu jedem Lacemuster auch ein Chart gäbe, und immer eine Zeichnung des fertigen Strickstücks mit Maßgaben.
Über allem ist dann auch unglaublich viel Herz. In den kleinen Texten, die jeder Anleitung vorangehen ebenso, wie in Vorwort und Dank. Auch das ist eher keine Überraschung. So ist sie eben.
Was mir außerdem richtig gut gefallen hat: da ist zum einen die Zweisprachigkeit – sowas wie ihr Markenzeichen. Jede Seite ist der Länge nach geteilt, links deutsch und rechts englisch. Für mich, die lieber nach englischen Abkürzungen strickt, ist das perfekt. Denn die Texte lese ich tatsächlich lieber auf deutsch. Dann höre ich Melanie sprechen.
Zum anderen sind da die Testimonials der Strickerinnen. 13 Frauen, die je eines der im Buch vorgestellten Designs nachgestrickt haben, zeigen ihre Version und schreiben dazu. Sie kommen aus Asien, den USA oder Europa, tragen unterschiedliche Größen, schreiben in deutsch oder englisch und haben eine Bühne wie sonst nur auf Ravelry. Eine Autorin, die ihren (Test)Strickerinnen fünf Seiten Platz in ihrem Buch einräumt – das finde ich tatsächlich bemerkenswert! Sehr, sehr coole Idee! Schöner kann man sich als Designerin nicht bedanken.
Mein Favorit im Buch? Die Ashen-Jacke. Sie ist einfach zu stricken, macht dennoch viel her und kann auf unterschiedliche Art getragen werden. Bedauerlicherweise habe ich passendes Rowan-Garn im Stash, was es jetzt unglaublich schwer macht, der Versuchung sofort anzuschlagen zu widerstehen … 🙈 Wie ich das löse, weiß ich noch nicht.
Kurz: ‘Sweaters’ zeigt sehr unterschiedliche Anleitungen (in bis zu 7 verschiedenen Größen), mit denen Anfänger:innen eine Menge lernen können, während routinierte Strick:innen einmal mehr geschubst motiviert werden, kreativ zu sein. Entsprechende Tipps – sei es Farbwahl, Garnkombinationen oder Nadelstärke – gibt Melanie Berg mehr als genug. Morning Glow ist dabei (für meine Augen) unisex, alle anderen Designs sehe ich eher nicht für Männer.
Format, Papier und Bilder (auf denen man tatsächlich auch das jeweilige Design erkennt – leider nicht immer selbstverständlich bei Strickbüchern) sind ebenfalls schön.
Sollte ich meckern wollen: die Tippfehler sind mir aufgefallen. Marotte von mir. Nichts, was den Sinn entstellt oder zu Mißverständnissen führt, also ist es irgendwie auch egal. Dennoch habe ich es bemerkt. Und den Untertitel des Buches finde ich nicht so gelungen. ‘Pullis stricken mit Stil’ … Hm. Also wenn Stil, dann keine Pullis. Passt (für mich) einfach nicht.
Ändert aber nichts an meiner Einschätzung, dass ‘Sweaters’ für Melanie Berg Fans und die, die es noch werden wollen, definitiv eine Kaufempfehlung ist. Zur Zeit (und noch bis zum 6. Oktober 2024) findet übrigens ein Pullover KAL in ihrer Ravelry Gruppe statt.
Ich gucke jetzt vielleicht doch mal nach Wolle …
Transparenzhinweis: Das besprochene Buch wurde mir freundlicherweise vom Frech-Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Die in dieser Rezension geäußerten Ansichten und Bewertungen spiegeln ausschließlich meine persönliche Meinung wider und wurden in keiner Weise vom Verlag beeinflusst oder vorgegeben.
Verlinkt zu Andreas Samstagsplausch
Oh, dann muss ich das Buch doch noch kaufen! Habe ich schon gesagt, dass ich es haben möchte?
Und dass ich bestimmt das eine oder andere daraus stricken möchte! Herrje, wo habe ich nur meine Nadeln, meine Zeit, meine Wolle? …
Angeregt war ich schon, jetzt hast Du mich überzeugt, dass dieses Buch zu mir möchte.
Wenn es im Oktober ruhiger wird, werde ich gemütlich alle Blogartikel seit der Pause lesen. Ich habe tatsächlich nicht mitbekommen, dass Du wieder schreibst. Wie schön :-))
Beides freut mich sehr! Dass meine Rezension Dich angesprochen hat und dass Du liest, was ich schreibe 🙂
Vielen Dank!
Carina.