Der 12tel Blick im April

Mit jedem Jahr, das ich älter werde, verändert sich offenbar, was mich glücklich macht. Früher waren es Reisen, Sprachen, viele Menschen, grundsätzlich alles Neue. Heute reicht mir meistens der Garten denke ich, während ich das 12tel Blick Bild vom Holzregal im Mai mache.

Und so ist auch in diesem Frühling die Veranda mein Lieblingszimmer. Nicht, weil ich zur Gärtnerin geworden bin, sondern weil es so schön ist. Gerade fangen alle Rhododendren an zu blühen, die Hortensien auch. Mehr gibt es eh nicht in meinem Garten (wenn man mal von Hopfen, Giersch, Efeu und wildem Wein absieht …).

Der Rasen (oder das, was ich so nenne) ist satt, grün und zeimlich hoch mittlerweile. „No Mow May“ für Wildkräuter und Artenvielfalt, aber auch für die Insekten, Vögel und alle anderen, die da unterwegs sind.

Vor allem letztere machen mir Spaß. Früher hätte ich sie kaum registriert, heute freue ich mich über die vielen Vögel (der Grauspecht ist wieder da und erstmalig auch eine Mönchsgrasmücke), die Eichhörnchen, die Bienen und gemütlichen Hummeln. Irgendeiner summt oder knispelt immer. Und laut ist es obendrein 🙂 Was die sich wohl zu erzählen haben?

12tel Blick Mein Holzregal verschwindet langsam hinter Büschen und Blättern und ist momentan  tatsächlich das einzige meiner 12tel Blick Motive, das mich freut.

Die anderen beiden … nun ja. Es tut sich nichts. „Galeria Berlin Hermannplatz“ ist zwar unverändert geöffnet, aber es ist Monate her, dass ich zuletzt dort war. Auf dem Hermannplatz gibt es immer noch einen Wochenmarkt, aber der Platz als solches vergammelt in Rekordzeit.

12tel Blick Dazu tragen sicher die wärmeren Temperaturen bei, aber auch die zahlreichen Menschen, die in ihrer Not Zuflucht an diesem Ort suchen. So viele mit Suchtproblemen, so gruselig, wenn sie offen konsumieren. Die gebrauchten Spritzen liegen überall. Menschen, die die Nächte im Freien verbringen, umgeben von Hausrat und Müll.

Die hohe Verkehrsbelastung und Verschmutzung machen all das nicht besser.

12tel Blick Wie jeden Monat bin ich dann weitergegangen zur Kirche am Südstern. Auch hier wächst das Grün, alles andere ist unverändert. Kirche halt. Wobei es schon ziemlich cool ist zu verfolgen, wie sie hinter all dem Grün verschwindet. Ist nicht ohne Grund meine Lieblingsfarbe.

12 Bilder braucht es für den 12tel Blick – vier Monate sind vergangen. Mal sehen, wie lange ich noch dabei bleibe.

Der 12tel-Blick ist eine kreative Foto-Challenge im Blog von Eva Fuchs. Die Regeln sind einfach: jede*r sucht sich ein Motiv, fotografiert es in 2025 jeden Monat einmal (an egal welchem Tag), wobei Standort und Blickwinkel im besten Fall identisch sind und zeigt monatlich die so entstanden Bilder. Dadurch entsteht bis Ende des Jahres sowas wie ein Zeitraffer, der zeigt, wie sich die Welt an diesem Ort in 12 Monaten verändert hat – oder auch nicht.

 

Wollreste

Manchmal geht es, manchmal nicht. Irgendein „manchmal“ ist immer und in den letzten Tagen ging Schreiben eben einfach nicht. Der Kopf zu voll. Stattdessen habe ich die bunten Wollreste der Regenbogen Olga verstrickt.

Schreibblockaden und das Stricken mit bunten Wollresten – warum sollte das zusammen passen? Und doch ist da jetzt ein Funke Inspiration. Mal sehen, wo er mich hinführt!

Schreibblockaden … Wer schreibt, kennt das: der Cursor blinkt vorwurfsvoll und die Worte machen sich so rar wie der Regen in den letzten Wochen. Da hilft mir kein Kaffee, kein Blick in den Garten und erst recht kein (noch so gut gemeinter) Rat. Die Ideen? In Ferien. Die Sätze? Streiken. Und während ich warte, dass die Muse küsst, wachsen die Selbstzweifel. Warum klappt es nicht?

Vielleicht, weil Schreiben kein Fließbandjob ist, sondern eher sowas wie Jonglieren mit Seifenblasen – immermal wieder platzen sie halt …

Dem gegenüber: Stricken mit bunten Wollresten. Genialer Kontrast! Keine Blockade, stattdessen: Farben, Ideen, Chaos, Freiheit! Auf dem Sofa lagen noch die Wollreste der Regenbogen Olga – Orange, Natur und Blattgrün als Knäuel mit Banderole. Rot, Pink, Türkis und Blau rund gewickelt und deutlich kleiner. Gelb! Ich brauche auch gelb! Daneben zwei Knäuel REGIA Cotton in hellem Beige, die ich tatsächlich nicht so gerne zu Socken verstricken wollte, weil Baumwolle (gefühlt) immer leiert. Was könnte das werden? Wie werde ich den Farben und unterschiedlichen Mengen gerecht? Egal! Fang einfach an.

Und genau das habe ich gemacht.

Jetzt liegt hier eine kleine Jacke für ein ebenso kleines Kind. Zweifädig gestrickt und bunt.  Sie sieht aus, wie mit Buntstiften gemalt, sagt der Mann.

Und bei allem habe ich mal wieder gelernt, was ich längst wußte: nämlich das, was Stricken und Schreiben – jegliches kreatives Tun – gemeinsam haben: Einfach anfangen, drauflosschreiben oder -stricken, Fehler zulassen (da muckt er wieder, der Monk). Irgendwas wird dabei rumkommen. Nicht jedes Stück muss perfekt sein, nicht jeder Satz ein Kunstwerk. Manchmal reicht es, die Fäden aufzunehmen und zu sehen, was daraus wird.

Die Hände sind beschäftigt, der Kopf hat Pause. Ein bunter Wollrest bringt die Gedanken dann endlich wieder in Bewegung.

Das Ergebnis ist etwas Eigenes. Und das ist doch das, worum es geht.

Wer schreibt oder strickt, übt Macht aus – nicht im Sinne von Herrschaft über andere, sondern als Gestaltungsmacht über das eigene Tun, die eigenen Gedanken, Materialien und Möglichkeiten. Andrea schreibt heute in ihrem Blog über Macht. Wenn auch eine deutlich andere Macht. Eine, die mir momentan eher das Gefühl gibt ohnmächtig zu sein, aber das wäre ein neuer Blogpost. Wer weiß – vielleicht schreibe ich den noch. Ideen wären jetzt da 🙂

Olga, die Dritte

Eine Olga wollte ich Anfang des Jahres stricken, zwei sind es geworden. Aus Gründen … Die eine rot-blau, die andere grün. Beide total verschieden. Beide total schön. Eine dritte war nicht geplant.

Aber manchmal kommt es eben anders, als man denkt.

Auslöser waren viele Knäuel Sockenwolle, die nicht mehr in die Kiste passten, in die sie sollten. Weil die schon überquoll mit Knäuel in allen Farben des Regenbogens. Alle REGIA und von allen viel zu viel. Ein Luxusproblem könnte man sagen und doch war es mein Problem.

Viel Wolle macht nicht zwingend glücklich. Mich nicht. Dann fühle ich mich wie Sisyphos, verdammt von Zeus, den Fels den Hang emporzurollen. Immerzu, unablässig. Mein „Fels“ ist dabei Wolle und für jedes verstrickte Knäuel kommen – wie aus dem Nichts – immer drei neue. Das Gefühl, nie fertig zu werden, diese Menge an Wolle nicht bewältigen zu können, stresst mich immens. Muss am Monk liegen.

Glückliche Fügung, dass ich eine Freundin habe, die alle Farben des Regenbogens liebt und am liebsten wohl alle zusammen. Deshalb also eine dritte Olga. Ein oversized Pullover,  der – so die Idee – mit doppeltem Faden gestrickt unglaublich bunt werden würde und unglaublich viele Wolle verbrauchen würde, ohne dass man es ihm ansehen würde. Das war die Hoffnung.

Sie wurde erfüllt. Und nicht nur das!

Denn 4-fädige Sockenwolle doppelt verstrickt fasst sich ganz anders an als 8-fädige einfach verstrickt. Sie fällt auch ganz anders. Luftiger, weicher, trotzdem griffig. Echt schön. Das Ergebnis mag ich sehr. Also SEHR!

Zuerest habe ich bisschen gerechnet, damit Farben und Anzahl der Ringel hinkommen und dann die grüne Lettlópi-Olga in Maschen und Reihen kopiert. Das hat ungefähr hingehauen. Die Regenbogen-Olga ist unwesentlich schmaler und wäre ohne Extra-Ringel auch kürzer geworden. Abgesehen davon ist sie so bunt wie die Eier zu Ostern, wie der Teppich im Flur.

Lila und rot sind mir irgendwann unterwegs ausgegangen. Ich hatte nur jeweils ein Knäuel und das hat nicht gereicht. Aber egal. Ich habe der Versuchung widerstanden neue Knäuel zu kaufen und statt dessen mit ähnlichen Farben weitergestrickt. Kirschrot statt Tomate. Milka-Lila statt violett. Niemand sieht es außer mir. Niemanden stört es. Nichtmal mich.

Am Ende waren es 13 Farben, 634 Gramm und 2.667 Meter Wolle, die ich in eine Regenbogen-bunte Olga verwandelt habe. Bei allem war es eine „REGIA-Zeitreise“. Von gut abgelegenen Knäuel mit Banderolen im uralten Design bis hin zum apfelgrünen Knäuel aus der freundin-Kooperation.

Und auch das italienische Abketten hat seinen Schrecken verloren. Mittlerweile mache ich das tatsächlich gerne. Den Faden in vier Schritten durch die Maschen zu ziehen, dauert endlos, hat aber etwas Meditatives. Außerdem mag ich Optik und Haptik des auf diese Art abgeketteten Bündchens. Wenn ich es sehe, freue ich mich.

Dennoch wird die Regenbogen-Olga mich verlassen haben, wenn dieser Blogpost online ist. Sie gehört dann der Freundin, die ich bei jedem Ringel im Kopf hatte. Sie, ihren Geburtstag, ihre Liebe zu Farben und zur Ostsee. Die Vorstellung, dass sie den Pullover im kommenden Herbst bei ihren Spaziergängen am Wasser tragen könnte, macht mich glücklich.

Vielleicht schickt sie mir dann sogar ein Bild.

 

Verlinkt zum Samstagsplausch

Sunday, Sunday

Eigentlich habe ich über den Sunday Sweater ja gerade erst geschrieben, aber vielleicht war das zu früh. Die Geschichte des schönen Pullovers ging nämlich noch weiter und das so wunderbar, dass ich jetzt nicht umhin komme, nochmal davon zu erzählen – und meinen Sunday eher nicht zu verschenken (ja, ich habe darüber nachgedacht), sondern zu behalten.

Aber von vorne: vor gut 14 Tagen wollte ich die Gasttochter (erinnert Ihr Euch an sie?), die uns für ein paar Tagen besuchen kam, von der Bahn holen. Schon früh kündigte sich allerdings an, dass ihr Zug Verspätung haben würde … Dann wurde die Verspätung aufgehoben … Dann doch nicht. Kurz: wann der Zug kommen würde war fraglich und so fuhr ich lieber rechtzeitig los.

Nicht jedoch ohne vorher Andrea zu fragen, ob sie ein schönes Café in der Nähe kennen würde und – siehe da – sie kannte tatsächlich eins. Und nicht nur das – sie hatte auch Zeit, mir dort Gesellschaft zu leisten. Konnte es besser sein? Wohl kaum!

„Sie werden bereits erwartet“, sagte die Bedienung, als ich im Café  ankam. Tatsächlich war Andrea schon da, alle anderen Tische in dem kleinen Raum waren frei. Bei Kaffee und Käsekuchen haben wir uns herrlich unterhalten. Über Jobs und das Leben, über Wolle, aktuelle Projekte, die eigenen und Gastkinder und jedes Mal, wenn ich aufs Handy guckte (zugegeben oft), hatte die Verspätung des Zuges ein bißchen mehr zugenommen. Also schwatzen wir weiter.

Irgendwann war auch einer der Nachbartische besetzt. Eine Mutter mit zwei erwachsenen Söhnen so schien es und sie fielen mir tatsächlich nur auf, weil ich dachte: so möchte ich das auch, wenn der Sohn ausgezogen ist. Entspannt mt ihm im Café sitzen.

Was ich bei allem nicht gesehen habe, war, dass es auch einen Nachbarraum gab und aus diesem kamen nach einer Weile zwei Frauen und gingen Richtung Ausgang. Eine der beiden sah mich ganz merkwürdig an, ging an uns vorbei, kam dann aber doch nochmal zurück. „Toller Pullover“, sagte sie, „den möchte ich auch unbedingt stricken!“ und für einen Moment wußte ich tatsächlich nicht, was ich sagen sollte. Hatte ich doch die exakt gleiche Situation in einem Kreuzberger Café erlebt, mit dem Unterschied, dass ich es Anfang des Jahres war, die den Sunday Sweater an einer anderen Frau bewundert hatte. Und nun also das Gleiche wieder, nur andersherum. Verrückt! (Aber ein so schönes Verrückt).

Aber damit nicht genug! Kaum waren die Beiden gegangen, stand die Frau vom Nachbartisch auf, kam an unseren Tisch und zeigte mir das Display ihres Handys. Ich bin normalerweise nicht langsam – da war ich es. Und so dauerte es gefühlt ewig, bis ich erkannte, dass sie mir ihre und meine Kommunikation auf Instagram zeigte. Ganz unten stand „Sitzt Du gerade im PapalaCup?“

Ja, da saß ich und sie hatte mich erkannt!

Weil ich so oft aufs Handy guckte, hatte sie mich über Instagram angeschrieben. Um sicher zu gehen, dass ich es wirklich war, ehe sie mich ansprechen würde. War es doch Jahre her, dass wir uns zuletzt gesehen hatten und – wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht – auch nur ein einziges Mal im Rahmen einer Veranstaltung bei DaWanda. (DaWanda, das war mal ein Berliner Online-Marktplatz für handgefertigte Produkte. Sowas wir Etsy. Das Ladengeschäft wurde im Sommer 2018 geschlossen).

Sieben Jahre! Und dennoch hatte sie mich – aufmerksam geworden durch die andere Frau – erkannt. „Die kenne ich“ meinte sie zu ihren Söhnen, die wohl sowas entgegneten wie „Nee, is‘ klar Mama. Du bist hier zu Besuch, 4 Millionen Menschen leben in Berlin, ein einziger Tisch im Café ist besetzt und ausgerechnet die, die an diesem Tisch sitzt, kennst du? Tsss …“ Ich glaube, ich hätte es meinem Sohn in ähnlicher Situation auch beweisen wollen 😉.

Wie schade Marta, dass Du keine Zeit hattest! Ich hätte es wunderbar gefunden, wenn Du Dich für einen Moment zu uns gesetzt hättest. Laß uns das sehr gerne für Deinen nächsten Besuch in der Hauptstadt planen.

Draußen ist es unverändert frisch – genau das richtige Wetter, um den Sunday Sweater noch ein paar Tage zu tragen. Und jedes Mal, wenn ich das tue, freue ich mich grinsend an ihm und seiner Geschichte. Mal sehen, was er kommenden Herbst erlebt!

Was ist das Verrückteste, das Dir je in Sachen Wolle passiert ist?

Sunday Sweater

Der Sunday Sweater ist wirklich einfach. So einfach, dass ich mich zwischendurch vielleicht sogar geärgert habe, die Anleitung gekauft zu haben. Um nicht mißverstanden zu werden: ich zahle gerne für ein Design, um damit Idee und Arbeit einer Designerin zu honorieren. Und auch wenn es nicht schwer gewesen wäre, die Maschen des Sunday Sweater selber auszurechnen, habe ich ohne zu zögern 7 Euro dafür gezahlt, dass das jemand anderes schon für mich gemacht hat.

Allerdings gibt es den Sunday Sweater in der Mohair Edition, als Cardigan, als Cardigan in Mohair, als T-Shirt mit kurzen Armen und ganz klassisch. Dazu vier Varianten für Kinder (T-Shirt, Jacke, Pullover und Kleid).

Alles in allem macht das neun (!) Varianten der gleichen Idee. Jede der Anleitungen kann (und muss) selbstverständlich separat gekauft werden und das haben – alle Anleitungen zusammengenommen – Stand heute 9.869 Menschen gemacht. Das ist die Anzahl der Projekte auf Ravelry. Wild, oder?

Es scheint, als wäre der Sunday Sweater eine Gelddruckmaschine.

Dennoch! Auf dem Weg zur Messe habe ich ihn in der Bahn angefangen und mich auf der Strecke Berlin / Köln über die immer breiter werdenden „Strahlen“ gefreut. Aber die Freude hielt nur so lange, bis ich alles auf eine längere Nadel genommen habe … Das war der Moment, als ich die Passe zum ersten Mal geribbelt habe. Zwei weitere Male sollten folgen.

Aber der Reihe nach: den Sunday Sweater habe ich zuerst an einer Frau in einem Kreuzberger Café gesehen. Ich sah sie, ihren schönen Pullover, aber egal, wie sehr ich versuchte, mich zuerinnern – ich kam nicht auf den Namen des Designs. Sie war im Gehen begriffen, merkte, dass ich sie ansah, sah zurück und ich musste lachen. „Wie heißt der Pullover? Ich komme nicht auf den Namen,“ habe ich sie gefragt. „Sunday Sweater“ hat sie geantwortet und erzählt, dass es der erste Pullover sei, den sie je gestrickt habe. Ich dachte, dass man das an den Zunahmen sieht. Gesagt habe ich es natürlich nicht.

Unsere Unterhaltung dauerte nur einen Moment – einen schönen, warmen Moment, in dem zwei, die gerne stricken, sich auf Anhieb verstanden – dann ging sie. „Kanntest Du sie?“ fragte der Mann, als er an unseren Tisch zurück kam und ich sagte „Nein, aber sie strickt.“ Da hat er dann auch gelacht.

Eine Begegnung, ebenso zufällig, wie schön, die noch eine Weile in meinem Kopf blieb. Die passende Wolle lag zu Hause, die Anleitung war schnell gekauft und so war die Maschenprobe pünktlich zum Reisebeginn trocken und passte. Nichts konnte mich aufhalten – dachte ich.

Um es kurz zu machen: Zunahmen aus dem Querfaden sind niemals unsichtbar und in linken Maschen eine Katastrophe. Drei Mal habe ich die Passe geribbelt, in immer länger werdenden Runden wieder und wieder die Zunahmen gestrickt, versucht, die Fadenspannung anzupassen oder Alternativen zu finden … aber perfekt wurden letztlich nur die Zunahmen in den linken Maschen. Die rechten wollten nicht werden. Die beste Variante habe ich dennoch gelassen und auf Ravelry hinterlegt, um dann, Runde für Runde, den Körper zu stricken.

Aber der Monk gab keine Ruhe. Mag sein, dass niemand die Zunahmen je gesehen hätte, aber mich haben sie gestört. Zwischenzeitlich hatte ich andere Sunday Sweater auf der Messe gesehen. Jeder (wirklich jeder!) mit deutlich sichtbaren, vor allen Dingen linken Zunahmen. Aber von 9.869 Sunday-Sweater-Cardigan-Tee-Besitzerinnen hat auf Ravelry niemand damit gehadert. Nur ich. Verrückt!

Mein Bild für Instagram war schon fertig, aber anstatt es zu posten, habe ich eine WhatsApp-Nachricht an Sophia geschickt.

Screenshot

Die Antwort kam wie immer sofort und was soll ich sagen … man weiß doch immer, wen man fragt. Also habe ich die Nadel rausgezogen, den Pullover-Torso anprobiert, festgestellt, dass er passt und dann den Sunday Sweater zurück in fünf Wollknäuel verwandelt. Die Wolle – eine Mischung aus Lamm, Alpaca und Baumwolle, die es vor mehr als 20 Jahren bei Lang gab und seither nicht mehr – hat das anstandslos mit sich machen lassen.

Einen Abend lang habe ich erleichtert immer mal wieder auf die Knäuel geguckt. Danach habe ich die Anleitung förmlich auf den Kopf gestellt: bottom-up statt top-down! Provisorischer Maschenanschlag für den Körper (um später die Länge noch variieren zu können), viele eintönige Runden in der Farbe von Haferflocken, schließlich die Ärmel. Italian Cast-On (den mag ich sehr gerne mittlerweile) und ganz normale Ärmel, nicht die Ballonärmel der Anleitung. Schließlich alles auf eine lange Nadel, dann die verkürzten Reihen gestrickt und endlich die schönen Strahlen, die den Sunday Sweater zum Sunday Sweater machen.

Die erste Abnahme inmitten der linken Maschen machte sich gut, eine weitere Abnahme wenige Reihen später in den rechten Maschen auch und jetzt weiß ich, dass es gut wird.

Alles wird genau so, wie ich es haben wollte. Sogar das Wetter! Kommende Woche ist wieder kühler, dann kann ich ihn tragen.

 

Verlinkt zum Samstagsplausch von Andrea Karminrot