Schon verrückt, was man was ich alles mache, um nicht das tun zu müssen, was eigentlich dran ist! An einem Tag im August habe ich deshalb – wissend, dass auch das mühsam sein würde – statt Schreibtisch lieber angefangen meine Wolle zu sortieren und aufzuräumen.
Das heißt, ich habe alles ins Wohnzimmer getragen, jedes Knäuel ausgepackt (aus der Plastikkiste und dann aus der Plastiktüte), hingelegt, fotografiert (sofern neu), Bild, Gewicht und Angaben der Banderole bei Ravelry eingegeben und schließlich alles wieder zurück geräumt. Knäuel … für Knäuel … für Knäuel.
Eine Kiste mit Sockenwolle, eine andere mit Rowan-Garnen. Eine mit allem, wovon ich viel habe und eine andere mit Baumwolle. Und so weiter. Die letzte schließlich mit allem, was übrig war. Nachdem ich zwischendurch aber doch immermal an den Schreibtisch mußte, lag hier drei Tage lang überall Wolle. Wirklich überall. Hat nicht Familienmitglieder gefreut … 😬.
Irgendwann war dennoch alles ordentlich – nur auf dem Wohnzimmertisch lag noch ein einziges Knäuel Drops Karisma in der Farbe von Haferflocken.
Ne, dachte ich, das räume ich jetzt nicht mehr auf. Das nicht. Kennt Ihr das, wenn so ein einziges Knäuel einem dann den Rest gibt? Liegenlassen war dennochkeine Alternative (hat der Mann gesagt), also habe ich kurzerhand Pulswärmer daraus gestrickt.
Ohne Anleitung und mit 3,75er Nadeln.
Rippenmuster und dann Zunahmen für den glatt rechts gestrickten Daumen in jeder dritten Reihe. Ein Knäuel = ein Paar. 50 gr. haben ganz genau gereicht. Noch am gleichen Tag waren sie fertig und so, wie vorher das Knäuel rumlag, lagen dann Pulswärmer rum 🙃.
Zum Glück hat Sarah mich in der Vergangenheit nicht nur immer mal wieder motiviert zu sticken, sondern mir auch gleich das richtige Buch dagelassen: Nach kaputt kommt schöner. Wer Sarah nicht kennt: in ihrem YouTube Kanal, Ein Koffer Voll Wolle zeigt und erklärt sie Strickanleitungen, aber eben auch sehr, sehr viel zum Thema Reparieren. Sie stopft nahezu unsichtbar oder wunderschön sichtbar, hat sehr coole Ideen und erklärt wirklich toll. Ein Besuch in ihrem virtuellen „Strickzimmer“ lohnt sich deshalb unbedingt.
Nicht zuletzt dank Sarah habe ich mal wieder die eigenwillige Schönheit des Unvollkommenen für mich entdeckt, und gleichzeitig viel über das Stopfen gelernt, wie man richtig Knöpfe annäht, wie Löcher eingehäkelt werden oder Längen angestrickt, wie man mit Flicken flickt, einiges über Slow Fashion und – tadaa! – ganz einfache Zierstiche.
Und als dann das Buch so neben den Pulswärmern lag, dachte ich, die sind zwar nicht kaputt, aber ich könnte doch … und dann habe ich!
Die Zierstiche auszuprobieren war zu verführerisch.
Das Ergebnis begeistert mich! Vier kleine Blüten. Lavendel, eine Kornblume, Löwenzahn und ein rotes Blümchen. Je zwei auf einem Daumen. Aufgestickt im Margueritenstich mit Resten von Sockenwolle. Das war tatsächlich schnell gemacht und ist – für meine Augen – genau das, was Wolle in der Farbe von Haferflocken braucht.
Nun denke ich darüber nach, was ich noch erst stricken und dann besticken könnte. Nochmal Pulswärmer vielleicht, oder die Passe eines Pullovers, oder eine Mütze – am liebsten alles. Und sofort!
Aber vielleicht zuerst Socken. Schließlich ist mittlerweile SOCKtober. Nur muss erst der Cardigan Teststrick fertig werden – auch wenn ich Andrea wahrscheinlich nicht mehr einhole.