Fünf Fragen am Fünften

Jeden 5. eines Monats stellt Luzia Pimpinella fünf Fragen. Fragen – willkürlich zusammengestellt – die nichts mit Wolle zu tun haben (gar nichts) und vielleicht gerade deshalb genau das sind, was mein Kopf und mein Blog zur Zeit brauchen. Hier sind ihre Fragen im Juli (die ich dann doch nicht so ganz woll-frei beantworten konnte):

Bestellst du im Restaurant immer das Gleiche?
Das gleiche Essen im Restaurant, der gleiche Flohmarkt am Sonntag, die gleiche Fernsehserie, der gleiche Ferienort, die gleiche Strickanleitung – comfort zone at its best … Im Winter, wenn es draußen kalt und dunkel ist, noch mehr als im Sommer. Manchmal langweilt mich das, dann mache oder esse oder stricke ich auch was anderes, aber spätestens wenn der Alltag mich mal wieder überrollt, kehre ich zu dem zurück, was sich bewährt hat: Pizza mit eingelegtem Gemüse, Flohmarkt am Ostbahnhof, Ferien in Frankreich und die Tomten Jacke von Elizabeth Zimmermann. Getreu dem Motto: Never change a winning team …

Bei der neuesten Tomten-Jacke (die fünfte übrigens), ist mir beim zweiten Ärmel die Wolle ausgegangen und ich habe mit den letzten Resten improvisiert. Deshalb sind die Ärmel nicht identisch. Und nachdem kein passendes Kind in der Nähe war, um die Jacke einmal anzuziehen, sind auch die Bilder Improvisation. Jacke mit Melone. Irgendwann werde ich den Reißverschluß eingenäht haben. Wie ich mich kenne, ist es dann auch längst kälter draußen und wer weiß – vielleicht finde ich dann das Kind, das die Jacke bekommt.

Genierst du dich dafür, dass du bestimmte TV-Formate schaust?
Wenn man dem Teenager glauben darf, ist unser Haushalt im 20. Jahrhundert stecken geblieben. Kein Netflix. Kein Amazon prime. Und Fernsehen eigentlich nur um Nachrichten sehen zu können. Immerhin ein Flachbildschirm. Das wars dann aber auch.

Ich sehe das anders. Die meisten Menschen, die ich kenne, sind für mein Empfinden übermäßig viel an Medien und deshalb bin ich entschlossen, wenigstens zu Hause so lange es geht gegenzuhalten, die Spaßbremse zu sein.

Mit einer Ausnahme: Navy CIS. Egal, welche Staffel oder Folge. Alles wird aufgenommen. Und wenn der Mann dann Freitag Abend zum Ende der Nachrichten hoffnungsvoll fragt „Und? Möchtest Du noch was sehen?“ weiß er eigentlich schon was kommt. Die schönsten Filme bietet er mir dann an, aber schlußendlich gucken wir doch wieder eine Folge Navy CIS … (Er: „Aber die Folge kennen wir doch schon“ – Ich: „Echt? Glaube ich nicht …“).

Comfort Binge heißt das, habe ich von Alexis Nedd gelernt.

Engaging in the comfort binge can barely be classified as seeking entertainment, it’s more of an attempt to let familiar voices, beats, and plots flow through pre-made grooves on an exhausted brain. The comfort binge is about minimizing effort while maximizing pleasure

Sinngemäß übersetzt heißt das, am Ende einer Woche habe ich gar nicht mehr den Anspruch, dass mich eine Serie unterhält. Ich möchte nur noch mit vertrauten Stimmen und Handlungen berieselt werden. Größtmögliches Vergnügen bei minimalem Aufwand, weil mein Gehirn zu mehr einfach nicht mehr in der Lage ist.

Außerdem mag ich die Charaktere, die Dialoge und wenn mir einzelne Episoden (trotz mehrmaligem Sehen immer noch) zu spannend sind, halte ich mich an meinem Strickzeug fest.

Ob ich mich deshalb geniere? Nö.

Wann hast du zuletzt deine Frisur geändert?
Als der Sohn in die erste Klasse ging, fragte ihn ein ebenso kleines Mädchen, warum seine Mutter graue Haare habe. „Die sind nicht grau, die sind silber!“ hat er ihr empört geantwortet und ich kann nicht ausschließen, dass das Mädchen ihn ein bißchen um die Mutter mit den silbernen Haaren beneidet hat 😉.

Sie sind immer noch silber und immer noch alle gleich lang. Manchmal kinnlang, meistens schulterlang, selten länger. Und so wird es wohl auch bleiben. Und wenn mir wirklich nach Abwechslung wäre, könnte ich ja eine Mütze tragen.

 

Wann hast du zum letzten Mal einen Sonnenaufgang beobachtet?
Das könnte ich eigentlich mal machen. Aber ehrlich gesagt entsprechen Sonnenuntergänge mehr meiner inneren Uhr. Nur erwische ich auch die meistens eher zufällig. Es sei denn, wir sind in Frankreich am Meer. Da bleiben wir dann gerne noch bißchen länger am Wasser.

Welches Kunstwerk hat dich stark beeindruckt?
Beeindruckt? Keine Ahnung. Aber es gibt eins, das mir wichtig ist:

Auf dem Berliner Flohmarkt am 17. Juni hat Tom Elbo, ein Däne, seinen Stand mit Gemälden (vorrangig) skandinavischer Maler. Jahrelang führte uns unser Sonntagsspaziergang zu eben diesem Flohmarkt und immer war Zeit für einen Schwatz mit Tom Elbo. Nie versäumte er, uns auf ein Bild besonders hinzuweisen: weil er es mochte, mehr noch als die anderen, weil es eine Geschichte hatte oder weil er es gerade erst erworben hatte.

So war es auch mit dem Bild dieses alten Paares. Sie halten sich aneinander fest und gehen auf ein kleines Haus zu. Man sieht den Wind in den Bäumen und in ihren Kleidern, den Regen auf der Strasse, es ist unwirtlich draußen, aber sie gehen unbeirrt auf dieses Haus zu. Es ist weiß und ich glaube, es ist ihr Zuhause.

Tom Elbo meinte, irgendwann würde sicher mal ein Paar an seinen Stand kommen, bei dem er das Gefühl habe, dass sie zusammenhalten, egal wie stürmisch es um sie herum auch sein mag. Ein Paar, das sich im Alter stützt und das ein Ziel hat, ein Zuhause.

Dann guckte er uns eine Weile nachdenklich an, nahm das Bild vom Haken und drückte es dem Mann in die Hand. Er lachte ein bißchen und wir lachten auch.

Seither hängt das Bild über meinem Schreibtisch und immer wenn ich es ansehe, wünsche ich mir, dass Tom Recht behält und dass wir dieses Paar sind.

Das wars schon wieder mit den #5FaF – der nächste Blogpost wird wolllastiger, versprochen.