Frauen haben „mit Gleichberechtigung übertrieben“ hat eine Freundin neulich gesagt und Quotenfrauen seien „totaler Quatsch“. Wir sind daraufhin kurz aneinander geraten. Aber eben nur kurz und seither rumort das in mir. Weil beides so unbedingt gegen meine Überzeugungen geht und weil es von einer Freundin kam.
Deshalb wieder mal keine Wolle heute. Stattdessen meine Gedanken zu Gleichberechtigung und Quotenfrauen.
Frauen haben „mit Gleichberechtigung übertrieben“ – Auslöser für diesen bemerkenswerten Satz war die Tatsache, dass sie, beide Arme voll, in der U-Bahn stand und den Knopf nicht drücken konnte, der die Tür öffnet. Der Mann neben ihr war leider keine Hilfe. Warum auch immer. Spontan würde ich vermuten, er war gedanklich woanders oder am Handy oder müde oder einfach unhöflich. Die Freundin sah das anders: Weil es eben diese Frauen gibt, die „übertrieben“ haben, werden nun alle Frauen behandelt wie Männer und man hält ihnen die Tür nicht mehr auf. Der starke Mann, die schwache, schutzbedürftige Frau …
Da fällt mir so viel zu ein, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Vielleicht mit dem Hinweis, dass das Aufhalten einer Tür eine Höflichkeitsgeste ist, die meines Erachtens von Allen und für Alle praktiziert werden sollte, unabhängig vom Geschlecht. Weil es dabei um Freundlichkeit geht, um Aufmerksamkeit, vielleicht auch um Respekt, auf jeden Fall um Höflichkeit, aber nicht um Gleichberechtigung.
Und ja, natürlich macht es Sinn, dabei auf verbale oder nonverbale Signale zu achten (es gibt eben immer noch Männer, die das Aufhalten der Tür als Kränkung empfinden) und ggf. aufgezeigte Grenzen zu respektieren, aber ich bin überzeugt, die meisten Menschen nehmen es gerne an.
Viel wesentlicher ist jedoch: Gleichberechtigung ist mehr als rechtliche Gleichstellung; sie bedeutet Chancengleichheit in allen Lebensbereichen. Und nein, das heißt nicht, dass alle Menschen von Natur aus faktisch gleich sind oder gleichgemacht werden sollen. Gleichberechtigung heißt, dass Männer und Frauen die gleichen Möglichkeiten zur persönlichen und beruflichen Entfaltung haben, ohne durch Geschlechterstereotype oder strukturelle Benachteiligungen eingeschränkt zu werden. Punkt!
Keine Diskriminierung mehr und keine ungerechtfertigte Privilegierung. Ich wüßte nicht, wie man das „übertreiben“ soll – im Gegenteil! Da kann man gar nicht genug für tun.
Ganz oben steht da für mich die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Gewalt, die auf Ungleichheit und Machtmissbrauch basiert und sich in unterschiedlichsten Formen manifestiert: emotional, physisch, sexuell. Laut dem Bundeslagebild Häusliche Gewalt haben im Jahr 2023 insgesamt 180.674 Frauen häusliche Gewalt in Deutschland überlebt. Die Dunkelziffern werden weit höher sein. Im gleichen Jahr wurden 155 Frauen von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Ein Anstieg um 16,5% im Vergleich zum Vorjahr!
Jede Frau weiß, wie es ist, nachts die Strassenseite zu wechseln, weil jemand hinter ihr geht. Dunkle Strassen und Parks zu vermeiden. Jede kennt Cat Calling (also die Bewertung ihres Äußeren, Beleidigungen aufgrund ihres Geschlechts, sexuelle Annäherungsversuche, anzügliche Bemerkungen und dergleichen mehr). Das kann man zur Anzeige bringen, aber verboten, wie in anderen Ländern, ist es nicht.
Dann wäre da die konsequentere Durchsetzung von Lohngleichheit. Frauen verdienen selbst bei gleicher Qualifikation, Verantwortung und Berufsbiografie weniger als Männer. Gründe dafür sind (neben dem Vorurteil, dass Frauen weniger wert sind) zum Beispiel Karriereunterbrechungen und Teilzeitjobs – beides häufig verursacht durch die ungerechte Verteilung unbezahlter Sorgearbeit.
Obschon gesamtgesellschaftliche Verantwortung, die fair zwischen allen Geschlechtern aufgeteilt werden sollte, ist Sorgearbeit immer noch primär Aufgabe von Frauen. Als wären Männer nicht Väter der Kinder, die betreut werden müssen, oder Söhne von pflegebedürftigen Menschen. Als würden sie nicht wissen, dass Sorgearbeit lebenswichtige Tätigkeiten umfasst, ohne die weder unsere Gesellschaft noch die Wirtschaft funktioniert.
Geld, Macht und Zeit sind ungleich und unfair verteilt, was die wirtschaftliche Abhängigkeit vieler Frauen verstärkt. Alles wäre sicher einfacher, wenn es eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf (für Eltern, die arbeiten müssen und Eltern, wie arbeiten wollen) gäbe. In einer Emnid-Umfrage haben 51% der befragten Frauen die Doppelbelastung durch Familie und Beruf als Grund für aufgegebene Karrierewünsche angegeben. Ich kann das so gut verstehen.
Und so arbeiten die meisten Frauen immer noch in schlecht bezahlten Branchen und Berufen: Als Erzieherin (96% Frauenanteil), Krankenpflegerin (87% Frauenanteil), Sekretärin (88% Frauenanteil), Friseurin (89% Frauenanteil), Grundschullehrerin (89% Frauenanteil) oder Verkäuferin im Einzelhandel (79% Frauenanteil). „Frauenberufe“, die sich historisch aus traditionellen, häuslichen Tätigkeiten von Frauen entwickelt haben. Berufe, die gesellschaftlichen Rollenbildern entsprechen, bei denen „Fürsorglichkeit“ oder „Unterstützung“ mit weiblichen Eigenschaften assoziiert werden. Aber eben auch Berufe, die eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch flexiblere Arbeitszeiten bieten. Ich wünsche mir eine Aufwertung eben dieser Berufe.
Und dann ist da noch – tadaa! – die Förderung von Frauen in Führungspositionen, etwa durch Quoten. Womit ich bei dem „totalen Quatsch“ der Quotenfrauen bin. Ob ich das gut finde? Nein, finde ich nicht. Aber anders scheint es offensichtlich nicht zu gehen.
Wir brauchen leider Quotenfrauen. Sonst wird das nichts mit der Gleichstellung von Frauen in Führungspositionen. Denn trotz des Grundsatzes der Gleichberechtigung im Grundgesetz seit 1949 ist die Realität in den Chefetagen deutscher Unternehmen eine andere. Frauen sind in Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert, obwohl sie ebenso hervorragend ausgebildet, qualifiziert und leistungsbereit sind wie ihre männlichen Kollegen. Daran haben bisher weder die Selbstverpflichtung der Wirtschaft vor zehn Jahren, noch das Zweite Führungspositionengesetz, das am 12. August 2021 in Kraft trat, etwas geändert.
Kurz: die Unternehmenskultur ist von Männern dominiert, die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind (vorsichtig formuliert) ungünstig und Beides wird sich von alleine niemals ändern.
Die Quote hingegen zwingt Unternehmen dazu, aktiv nach qualifizierten Frauen zu suchen und ihnen Chancen zu bieten. Angenommen also das klappt und in absehbarer Zeit kommt eine kritische Masse von Frauen in Führungsetagen, dann könnte das eine echte Trendwende sein. Wir würden das volle Potential aller Talente nutzen (und nicht nur 50%), die Arbeitswelt wäre vielfältiger und gleichzeitig auch gerechter, Diversität wäre eine Stärke und die verschiedenen Fähigkeiten von Männern und Frauen könnten für eine moderne Führung genutzt werden.
Bei allem ist die Quote kein Allheilmittel, aber (auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole) ein echt wichtiger Schritt auf dem Weg zu tatsächlicher Gleichberechtigung. Oder, um es mit Ex-Bundeskanzlerin Merkel zu sagen, man kann es „nicht vernünftig finden“, dass es börsennotierte Unternehmen ohne eine einzige Frau im Vorstand gibt.
Fun Fact: Studien zeigen übrigens, dass Unternehmen mit einem höheren Frauenanteil in Führungspositionen bessere Ergebnisse erzielen, wirtschaftlich erfolgreicher und innovativer sind. Außerdem wirken sich Frauen in Führungspositionen positiv auf die Motivation der Mitarbeitenden und das Arbeitsklima aus. Cool, oder? Vielleicht schreibe ich darüber auch mal.
So! Zwischen meinem ersten Entwurf und dem, was hier jetzt noch steht, liegen WELTEN! Ich habe das, was ich ursprünglich geschrieben habe, immer wieder überarbeitet, Emotionen, Ausrufezeichen und fett Gedrucktes entfernt, mich sortiert und mich wieder beruhigt.
Unverständnis bleibt dennoch.
Verlinkt zum Samstagsplausch








Ungezählte Restaurants und Cafés. Vor jeder Tür wird geworben, sich doch wenigstens das Menü anzusehen. Die Stadt braucht den Tourismus und gleichzeitig ist es gruselig zu sehen, wie die Massen – sogar im Winter – in die Stadt drücken, sich durch die Straßen schieben. So schwierig, diese Balance zwischen touristischer Attraktivität und Lebensqualität für Einheimische. Das ist auf lange Licht sicher eine der zentralen Herausforderungen in Lissabon.



Wer deshalb lieber nicht laufen möchte, nimmt in Lissabon öffentliche Verkehrsmittel. Es gibt vier U-Bahnlinien, außerdem Busse und fünf Straßenbahnlinien, die sog. Elétricos. Letztere schaffen Steigungen bis 13,5% und gehören zu den Wahrzeichen der Stadt. Sie sehen aus wie die Cable Cars in San Francisco und haben die gleiche Aufgabe: sie überwinden die Hügel der Stadt, sind Transportmittel und touristisches Ereignis.
Die schöne Stadt wird auch Stadt des Lichts genannt. Licht, das vom Fluß Tejo reflektiert und verstärkt wird. So klar und intensiv, dass ich auch Ende Dezember (und definitiv im Sommer) Sonnenbrille und/oder Base Cap unbedingt empfehle. Beides kann man ja Abends absetzen, wenn der Sonnenuntergang die Stadt in warmes, goldenes Licht taucht. Alleine für dieses Licht hat sich die Reise gelohnt.
Deutlich skuriler ist die Stromversorgung, mit ihren auf Putz oder auf Fliesen verlegten Kabeln. Die Stadt mit ihren engen Gassen und alten Häusern bietet wenig Möglichkeiten, Stromleitungen konventionell zu verlegen. Hinzu kommt, dass die Elektrifizierung tatsächlich erst Anfang der 1980er Jahre (kein Tippfehler) begann. In den wirtschaftlich schwierigen Jahren nach der Salazar-Diktatur war die oberirdische Verlegung die schnellste und kostengünstigste Methode, um flächendeckend Strom bereitzustellen. Also wurden die Kabel kurzerhand außen an den Häusern befestigt. Das schonte die historische Bausubstanz, war schnell umzusetzen und deutlich kostengünstiger als aufwendige Unterputz-Installationen. Weder historische Fassaden noch Fliesen mussten beschädigt werden, und Techniker konnten (und können bis heute) die Leitungen leicht(er) warten.





Zwischen 2011 und 2018 stieg die Zahl der Ferienwohnungen in Lissabon von 500 auf 18.000, allein 10.000 davon in der Altstadt. Viele Alfacinhas (so der Spitzname für die Menschen in Lissabon) müssen nun in Vororte ausweichen oder landen in Notunterkünften, während Vermietende Eigenbedarf anmelden und die Häuser für Touristen umbauen.
Rückblickend beschämt es mich zu wissen, dass wir in einer dieser Wohnungen gewohnt haben. Wenn wir wieder in diese schöne Stadt fahren – und das würde ich tatsächlich sehr gerne – brauchen wir eine Alternative. Was und wie das sein kann, weiß ich noch nicht. Aber ich verstehe so sehr, warum es vor allen Dingen so viele junge Menschen nach Lissabon zieht!
Ich könnte noch lange schwärmen und schreiben. Zum Beispiel über die köstlichen Pasteis de Nata. Wem das nichts sagt: das sind kleine portugiesische Blätterteigtörtchen mit cremiger Füllung, super süß, bestreut mit Zimt und sowas wie ein Nationalgericht.
Dabei habe ich Silvester eine Schreibfeder aus Zinn gegossen. Schreibfedern symbolisieren „Kreativität und die Fähigkeit, Gedanken und Ideen auszudrücken“, steht auf der Umverpackung. Sie stehen für „Neuanfänge und die Möglichkeit, eigene Geschichten zu schreiben“.





Woran es hängt? Zu den Weihnachtskarten kommt immer auch ein Jahresrückblick auf ein Blatt, so groß wie eine Postkarte. Früher ging es da primär um’s Kind: er geht jetzt in die nächsthöhere Klasse, Lieblingsfach ist Mathe, jede freie Minute spielt er Basketball – sowas halt. Über die Jahre ist dann das Haus dazugekommen, die Renovierungsarbeiten, die beruflichen Veränderungen des Mannes, Familie.

Der Saal im kleinen Theater war erwartungsgemäß ausgebucht, die Plätze in der Mitte von Reihe 5 waren perfekt (wenn man davon absieht, dass der Mann Probleme hatte, die langen Beine in der schmalen Stuhlreihe unterzubringen) und im Publikum saßen, ebenfalls wie erwartet, deutlich mehr Frauen als Männer, die meisten um die 30. Vielleicht auch jünger. Keine von ihnen schien dabei Klischees zu erfüllen, die landläufig mit dem Thema des Buches in Verbindung gebracht werden. Sie wirkten ausnahmslos erwartungsfroh, guter Dinge und bester Laune.
Wer nun das Buch kaufen möchte, sollte vielleicht vorher im Buchladen der Wahl nachfragen, ob es vorrätig ist … Weil ich mir (natürlich) wünsche, dass es zwischenzeitlich überall ausverkauft ist, aber auch aus eigener (eher leidvoller) Erfahrung: ich habe es bei Hugendubel gesucht (nicht mein Lieblings-Buchladen, aber in der Nähe und ich kam dran vorbei): erst bei den Bestsellern, da war es nicht. Dann bei Gesellschaftsliteratur, da war es auch nicht. Als ich es bei Lebensratgebern nicht gefunden habe, war ich tatsächlich fast erleichtert und habe dann doch an der Kasse nachgefragt.