Kamelwolle

Kamele haben zwei Höcker, Dromedare haben einen – dachte ich immer. Stimmt aber nicht. Mittlerweile habe ich gelernt: Kamele sind sie alle, neugierig und freundlich, aber man unterscheidet zwei Gruppen: Dromedare (1 Höcker) und Trampeltiere (2 Höcker) in der einen, Lamas und Vicunjas in der anderen Gruppe.

Noch interessanter finde ich allerdings, dass Kamele (also die aus Gruppe 1) „in der Mauser“ zwischen 5 und 7 kg Unterhaar verlieren. Das ist irgendwie gut und irgendwie auch nicht. Denn so müssen sie zwar nicht geschoren werden, weil die Haare im Frühjahr büschelweise ausfallen, aber das macht die Verarbeitung auch deutlich aufwendiger. Schließlich muss man diese Büschel nicht nur reinigen, sondern auch das Deckhaar (Grannen = pieksig, grob) vom Unterhaar trennen.

Im Idealfall bleibt dann nur Unterhaar übrig. Unglaublich weich, fast wie Kaschmir und dabei temperaturausgleichend. Gerade letzteres ist eigentlich logisch, wenn man sich überlegt, dass Kamele mehrheitlich in Wüstenregionen leben, wo es tagsüber super heiß und nachts richtig kalt ist. Da muss das Fell ja beides können, also wärmen und kühlen gleichermaßen.

Kurz: ein spannendes, mir bis dato unbekanntes Material, von dem ich mir – als sich bei Grossewolle die Gelegenheit bot – einen Strang gekauft habe. Daniel (Chef bei Grossewolle) hat zu seinem Garn einen Text geschrieben, in dem er alles über Herkunft und Herstellung der Wolle erklärt. (Außerdem erzählt er über dieses Projekt im Interview mit den Ladies vom frickelcast. Das habe ich mir allerdings bisher nicht angehört. Wer mehr über Kamelwolle lernen möchte, dem sei dennoch Beides empfohlen).

Mittlerweile habe hatte ich meinen Strang auf den Nadeln und zu einem Down to the River Tuch verstrickt. Mein drittes, das (nachdem ich die beiden anderen verschenkt habe) eigentlich meins sein sollte. Danach sieht es aber für den Moment aus zwei Gründen nicht aus: die Art des Garns und die Art der Farbe.

Kamelwolle, wie die, die ich habe, hat ein sehr schönes Maschenbild und eine tolle Lauflänge, ist aber nichts, was ich am Hals tragen möchte. Es erinnert mich an skandinavische Wolle. Wolle mit kleinen Widerhaken, die sich gleich nach dem Stricken verfilzt anfühlt. Das mag ich sehr an Pullovern, aber nicht als Tuch. Dieses Pieksen kommt von den Grannen, also durch das Deckhaar, das sich „im Erstversuch“ nicht restlos vom Unterhaar trennen ließ. Davon schreibt Daniel ja auch in seinem Blogpost. Vielleicht liegt es aber auch ein bißchen daran, dass es Kamele sind, die auf deutschen Farmen leben. Könnte doch sein, dass die fern der Wüste kein so schmusig weiches Unterhaar haben. Ich weiß es nicht.

Wie dem auch sei, ich habe versucht, mein fertiges Tuch mit Lanolin weicher zu bekommen, aber das hat nur in Teilen funktioniert. Es kratzt zwar nicht mehr so, aber dafür fühlt es sich nun (auch bei sparsamster Verwendung des Lanolin) irgendwie fettig an. Noch habe ich deshalb nicht entschieden, ob ich es nochmal wasche oder nicht und was überhaupt damit passiert.

Und zu der Farbe: die ist anders als die von Schafwolle beispielsweise. Das ist jetzt keine Überraschung nachdem ein Kamel kein Schaf ist, aber ich habe da vorher nicht drüber nachgedacht. Kamelwolle ist stumpf. Ich wüßte nicht, wie ich es besser beschreiben soll. Von innen heraus stumpf. Guckt Euch Kamele an, dann wißt Ihr was ich meine. (So ein Strang riecht übrigens auch anders als Schafwolle, aber das nur nebenbei).

Trotzdem kann ich nicht loslassen. Ich möchte sehen (fühlen!), wie dieses Projekt weitergeht bei Grossewolle. Da ist so viel Begeisterung dabei, so viel Passion und so viel Arbeit. Und deshalb werde ich wohl auch aus der nächsten Charge einen Strang kaufen. Der wird dann weicher sein, grannenfreier und – kombiniert mit einem zweiten, farbigen Faden – sicher spannend. Und dann schreibe ich wieder darüber.

 

 

 

 

Rezension: Pica Pau

[Werbung] Die kleine Patentochter (4) hat schon lange eine kleine Schwester (fast 3) und nun auch eine ganz kleine Schwester (3 Monate). Großer Jubel bei Freunden und Familie und natürlich habe ich sofort nach Wolle in Pastell und den allerschönsten Anleitungen geguckt. Nur gestrickt habe ich dann doch nicht …

Denn – als wäre es abgesprochen – hat mir der EMF Verlag genau dann das Buch Pica Pau und ihre Häkelfreunde zugeschickt.  Das Erste, was ich dachte, als ich das Buch in der Hand hatte, war, dass ich schon viel zu lange nicht mehr gehäkelt habe. Gefolgt von dem Gedanken, dass dieses frisch geschlüpfte kleine Kind sowieso nie alles tragen wird, was ich für die Großen gestrickt habe. Denn dann müßte man sie mehrfach am Tag umziehen.

Also ein Schmusetier! Der Sohn hat sofort für Edgar Einhorn plädiert (keine Überraschung) – ich hingegen tendiere zu Adele Alpaka (auch keine Überraschung). Was es nun wird, weiss ich noch nicht, denn noch lesen wir das Buch. Und das kann man gut lesen.

Zu jedem der 20 Tiere gehört eine Geschichte. Da sind Fred Ferkel, der sich fürchtet vor der Dunkelheit und dem Alleinsein, und Oswald Otter, geboren an der irischen Westküste. Pia Panda, die eine Feinschmeckerin ist, außerdem Norbert Nasenbär, Parkwächter und Fußballfan, Vektor Wolf, der vielleicht ein Hipster ist (aber nur vielleicht) und Piet Papageientaucher, ein Spezialist für Segelyachten.

Es macht Spaß das zu lesen und irgendwie ist einem jedes dieser kleinen Wesen schon vertraut, ehe man überhaupt die erste Luftmasche gehäkelt hat. Auch schön: Unter jeder Geschichte ist ein kleiner Kasten mit Angaben zu Größe, Material und Schwierigkeitsgrad, erst dann kommt die jeweilige Anleitung.

Jede dieser Anleitungen ist sehr ausführlich, alles ist detailliert beschrieben und bebildert (drei Seiten oder mehr), so dass alles, aber auch wirklich alles leicht nachzuarbeiten ist. Zumal dem Buch eine gut 50-seitige Häkelschule und Einleitung vorangestellt ist, in der die Häkel-Basics (Nadeln, Garne, Hilfsmittel, Handhaltung, Anleitungen lesen …), aber auch Maschen und Techniken wunderbar erklärt sind.

Keine Katze im Sack, keine bösen Überraschungen. Kein langweiliges Buch. Im Gegenteil. Egal, ob Beine oder Pullover, Hörner oder Ohren – jeder kleinste Kniff kann nachgelesen werden.

Was hält mich also noch zurück? Nichts, außer der Qual der Wahl. (1) Aus den Baumwollgarnen, die ich hier habe, die schönsten Farben auszusuchen. Und (2) mich zu entscheiden.

Einhorn oder Alpaka. Edgar oder Adele.

Oder Gina.

Das Buch wurde mir vom emf-Verlag zur Verfügung gestellt. 📸©emf-Verlag

Test-Strick: Wellenlängen

Wavelength, also Wellenlänge, heißen die Socken, die Sophia im Mai entworfen hat. Keine Ahnung was eher da war – Muster oder Name – ist aber auch egal. Tatsache ist, dass diese Zu- und Abnahmen wirklich wie Wellen aussehen. So ganz langgestreckte.

Ich hätte vielleicht keine Sockenwolle mit Farbverlauf nehmen sollen, dann könnte man das jetzt besser erkennen, aber wenigstens nach mehr Meer sehen sie aus.

Ungeachtet dessen: tolle Anleitung! Nur beim Abmaschen fürs Bündchen (kann man das überhaupt Abmaschen nennen?) habe ich gemeckert … Im Nachhinein bin ich umso glücklicher, mich trotzdem an die Anleitung gehalten zu haben. Die Bündchen sitzen einfach richtig gut.

Ihr merkt: Ich bin sehr zufrieden mit den neuen Socken. Wellenlänge eben, aber die haben wir ja eh, Sophia und ich. (Steilvorlage. Konnte ich mir jetzt nicht verkneifen ; )

Wer also (wie ich) zu denen gehört, die Socken auch im Sommer stricken – geht doch mal gucken … Dauert sicher nicht mehr lange, bis die Anleitung online ist.

 

Test-Strick: Bright Above Me

Die gefallene Kirsche, der neue Basketballkorb, Motten – über alles Mögliche habe ich in letzter Zeit gebloggt. Über das Stricken eher weniger. Höchste Zeit, das nachzuholen.

Zumal mein Bright Above Me (längst!) fertig ist. Seit geraumer Zeit liegt er nun schon hier und daran wird sich auch für eine Weile nichts ändern. Denn zum Glück ist es warm und wird jeden Tag wärmer – da ist ein Pullover aus Léttlopi definitiv das falsche Kleidungsstück. Schon schade irgendwie …

Denn er ist genauso geworden, wie ich ihn haben wollte. Ich bin richtig glücklich mit dem Ergebnis: Mit den Farben, dem Garn, der Anleitung, der Passform. Es passt einfach alles.

vor dem Spannen
nach dem Spannen

Wer die Anleitung kennt und das Bild genauer ansieht, wird sehen, dass ich sie „rückwärts“ gelesen habe: ich habe den Pullver nicht von oben nach unten, sondern von unten nach oben gestrickt. Nicht zuerst die Passe, sondern erst Körper und Arme. Der Grund war simpel: ich mag es lieber. Irgendwie strickt es sich dann zum Ende hin leichter (und schneller). Ausserdem bilde ich mir ein, dass es den Spitzen der Sterne besser steht.

Alles andere ist genau nach Anleitung.

Damit freue ich mich zwar immer noch nicht auf kommende Kälte in Herbst und Winter, aber es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass ich sie dann leichter ertrage ; )

 

Ostrava

Basketballer sind schmerzfrei. In jeder Hinsicht – nicht nur auf dem Feld. Und so finden Turniere auch gerne mal an Feiertagen statt: Lundaspelen zu Neujahr fand ich schon ungewöhnlich (vorsichtig formuliert), das Turnier in Tschechien, von Gründonnerstag bis Ostersonntag, war da kaum besser.

Denn nachdem Osterhasen (meistens) nicht in Gärten kommen, in denen keine Kinder sind, fiel Ostern als Familienfest 2018 für uns aus. Aber wir (der Mann und ich) haben gelernt, das Beste aus Allem zu machen und so sind wir kurzentschlossen der Mannschaft hinterher gefahren.

Ostrava Easter Torunament HäkelmonsterNach Ostrava. Drittgrößte Stadt Tschechiens, Gut 550 km von Berlin entfernt, 10 km südlich der Grenze zu Polen, 300.000 Einwohner – sicher keine Stadt, in die ich unter anderen Umständen gefahren wäre. 5 Stunden 12 Minuten gab google maps als Fahrtzeit an – 9 Stunden wurden es Gründonnerstag …

Irgendwie Fügung, denn rückwirkend sollte das alles gewesen sein, was ich an Strickzeit auf dieser Reise bekommen würde.

Kaum angekommen wurden wir – zusammen mit Mutter und Großmutter eines anderen Spielers – zum Betreuerteam: kauften Wasser, organisierten (zwischen den Spielen) Buffets aus Obst und Müsliriegeln für die Spieler, fütterten die Whatsapp-Gruppe mit Bildern und Berichten für die Eltern zu Hause, wuschen und hängten Trikots, trösteten, lobten, feuerten an – kurz: waren beschäftigt.

Fünf Spieler fielen einer nach dem anderen aus, mit Verletzungen an Kopf, Arm, Knöchel, Knie und wegen Kreislaufproblemen. Kühlpacks gingen nach der Hälfte der Spiele aus und wurden durch tiefgekühlte Erbsen in Tüten ersetzt (oh, wie bewundere ich diese geistesgegenwärtige Mutter!). Ost-europäischer Basketball ist physisch heißt es – stimmt.

Bei Allem haben wir es dennoch irgendwie geschafft, die Stadt zu sehen. Zumindest ein bißchen. Das alte Ostrava,

Ostrava Easter Torunament Häkelmonsterdas sozialistische Ostrava,

Ostrava Easter Torunament Häkelmonsterdas moderne Ostrava.

Ostrava Easter Torunament HäkelmonsterSchon irre, was Stadt und Menschen in den letzten 100 Jahren über sich ergehen lassen mußten. Wir waren in wunderbaren Restaurants mit lokaler Küche (Knödel 🙃) und hätten es mit der airbnb-Wohnung nicht besser treffen können. Und so waren es dann eben doch irgendwie Ferien – zumindest für uns.

Die Jungs haben mit drei oder sogar vier Spielen am Tag Unglaubliches geleistet. Am Ende stand dann ein Happy End: ?😎 Gold in ihrer Altersklasse!

Noch in der gleichen Nacht hat der Bus sie dann zurück nach Hause geschaukelt. Seither schläft das Kind … sollte man meinen – aber nein! Er trifft sich mit Freunden am Korb … Noch sind ja Ferien.

Wen wunderts also, daß ich wenig gestrickt habe! Immerhin – erste Bilder habe ich schon vom Teststrick für Dieuwke Schack-Mulligen (Dutte auf Ravelry), der zur Zeit auf meinen Nadeln ist. Bright Above Me heißt die Anleitung (noch im April soll sie online gehen) und wird mit einer Sternenpasse superschön.

Bright Above Me Dutte HäkelmonsterDabei wäre ich gerne schon viel weiter. Weil eigentlich alles bis zum 15. April fertig sein soll und (noch wichtiger!) weil jetzt endlich, endlich Frühling zu werden scheint. Wer will dann noch einen Norweger-Pullover?!

Bright Above Me Dutte HäkelmonsterEinziger Trost: es strickt sich toll. Mal sehen, wie weit ich bis Ende der Woche komme.

Ostern haben wir dann übrigens doch noch gefeiert: als wir Ostersamstag am Abend aus einem Restaurant kamen, stand die Tür zur gegenüberliegenden Kirche (die oben auf dem Bild) weit offen. Dort sangen im Stockdunklen viele, viele Menschen, während eine Kerze nach der anderen angezündet wurde, bis die Kirche ganz hell war. Dann kamen die Glocken aus Rom zurück.

Sehr besonders und sehr schön – danke Ostrava!