Was auf die Ohren

Ich bin keine Mützenträgerin. Nicht im Winter und erst Recht nicht im Sommer. Dachte ich immer … Stimmt aber nicht. Seit ich die Kopfhörer von earebel kenne, denke ich da anders drüber. Deutlich anders. Denn die haben es mir echt angetan.

Ich habe darüber Anfang des Jahres schon mal geschrieben – wobei da eher mein „Mützen-Drama“ im Vordergrund stand. Igendwie wollte die Mütze erst im dritten Anlauf werden. Kaum fertig musste ich sie dem Sohn abtreten, der sie dann Tag für Tag in die Schule getragen und – zum Glück! – auch wieder mit nach Hause gebracht hat.

Nachdem wir uns auf der h&h kurz gesprochen haben, hat mir der Hersteller nun ein zweites Paar geschickt. Dieses Mal zusammen mit einer Mütze aus Funktionsmaterial. Hört sich nicht gut an, ist aber toll. Mütze Terrey ist sehr dünn, aus Merino und Acryl, atmungsaktiv und damit perfekt fürs Laufen oder generell für Sport. Sogar bei Regen und davon haben wir in Berlin mehr als genug dieses Jahr (Sommer möchte ich das nicht nennen …).

Dazu wieder diese coolen kleinen AKG®-Kopfhörer, die einfach eingesteckt werden. Von dem Klang bin ich unverändert begeistert, von der einfachen Handhabung auch.

earebel häkelmonsterAlso überlege ich schon seit einigen Tagen, wie eine Sommermütze aussehen könnte, vielleicht auch ein Sommerhut, die oder den ich mit nach Frankreich nehme. Nach mehreren Versuchen habe ich beschlossen, dass Baumwolle das beste Material dafür ist und häkeln besser als stricken. Denn die Kopfhörer haben ein Eigengewicht, das entweder nach einer eng sitzenden Mütze verlangt oder nach einer festeren Machart.

 

Was sich jetzt vielleicht wie ein Nachteil liest, ist keiner. Im Gegenteil. Durch Gewicht und Größe haben die Kopfhörer einen Klangkörper, der wirklich beeindruckend ist. „Mega-krass“ sagt der Sohn, aber der hört auch andere Musik als ich. Soll heißen: klassische Musik ist echter Genuß mit den Dingern. Französischer Rap offenbar auch … Telefonieren mit Freisprecheinrichtung klappt ebenfalls richtig gut.

earebel ist traditionelles Handwerk und smarte Technologie. So steht es auf der Homepage. Die Firma sitzt in Bayern. Dort werden die Mützen produziert. Entweder handgestrickt oder nachhaltig gefertigt. Mag ich beides. Die ersten Mützen hat die Mama eines der Eigentümer gestrickt. So stelle ich mir ein Start-Up vor ?. Für Menschen wie uns gibt es überdies Stricksets aus denen sich jeweils zwei Mützen fertigen lassen. Bisher mit Garnen von Schachenmayr, mittlerweile ist Schoeller mit im Boot. Deren Garne und Mützenmodelle kenne ich allerdings noch nicht.

Und zur Technologie: Die Kopfhörer sind durch ein kleines Kabel miteinander verbunden. Das geht auch nicht weg. Soll heißen, das sollte man nicht einstricken oder so, denn dann lassen sich die Kopfhörer nicht mehr rausnehmen. Das Kabel liegt innen am Hinterkopf, ist lang genug für „Dickschädel“ und stört nicht, weil es so dünn ist.

Der linke Kopfhörer hat ein Soft-Touch-Bedienfeld – wunderbar für Linkshänderinnen wie mich – über das Telefongespräche angenommen oder beendet werden, der Ton laut und leise gestellt, Lieder ausgewählt werden … das Übliche halt. Dinosaurier wie mich fasziniert das. Eine Bluetooth-Verbindung, ein Schalter, das wars. Die verschiedenen Modelle sind schwarz, weiß oder pink. Aufgeladen sind sind sie in maximal zwei Stunden.

Ich denke, ich versuche mich heute Nachmittag an der finalen Variante: oben und unten fester (Stäbchen-Cluster und feste Maschen wahrscheinlich), in der Mitte Blümchen. Kein Sommer ohne Blümchen ? Außerdem ist es dann meine! Blümchen trägt der Sohn nicht (glaube ich …).

Halle an der Saale

Über Silvester waren wir in Sachsen-Anhalt. Da leben meine Eltern (gefühlt) seit Menschengedenken. Was nicht stimmt, es sind 18 Jahre. Trotzdem haben wir es (in 18 Jahren!) noch nie geschafft von dort aus nach Halle zu fahren. Und wir reden hier nicht über Tagestouren sondern über eine Strecke von 17 km.

Wie dem auch sei – Neujahr sind wir gefahren.

Ein Artikel in der Mitteldeutschen Zeitung war der Auslöser: In Halle gibt es seit 2010 den Kunstkiosk Herr Fleischer. Der vier Quadratmeter große Kiosk war vorher ein Zeitungskiosk mit Zeitschriften, Süßigkeiten, Zigaretten … was es halt so gibt am Kiosk. Aber dann wurde er geschlossen und sollte abgerissen werden.

Neun Kunststudenten wollten das nicht zulassen und gründeten deshalb einen Verein. Der kaufte den Verkaufskiosk kurzerhand und pachtete das Stück Bürgersteig auf dem er steht.

Fadenscheinige Meeresforschung Halle HäkelmonsterSeither ist es ein öffentlicher Kunstraum, in dem zur Zeit die Ausstellung des Instituts für Fadenscheinige Meeresforschung gezeigt wird.

Fadenscheinige Meeresforschung – klasse oder? Ihr wisst was das heißt: Wolle!

Gezeigt wird eine bunte Unterwasserwelt, mehrheitlich gehäkelt und jedem zugänglich so lange es draußen hell ist. Öffnungszeiten abhängig vom Tageslicht. So cool! Man geht drumherum und dann sieht der Kiosk tatsächlich fast so aus wie ein Aquarium. (Amateurphotos durch die Scheiben sind jetzt nicht so der Knaller, aber egal.)

Fadenscheinige Meeresforschung Halle HäkelmonsterFadenscheinige Meeresforschung Halle HäkelmonsterFadenscheinige Meeresforschung Halle HäkelmonsterFadenscheinige Meeresforschung Halle HäkelmonsterNähere Infos zur Ausstellung gibt es hier, mehr über hr. fleischer e.V. (Namensgeber ist übrigens der letzte Pächter) findet Ihr hier und im Blog gleichen Namens.

Damit war unser Ausflug aber noch nicht vorbei. Denn keine 50 Meter von Herrn Fleischer entfernt ist einer der wunderbarsten Perlen- und Knopfläden, in denen ich je war: das Perlhuhn.

Perlhuhn Halle HäkelmonsterKnöpfe in schweren Bilderahmen oder unter Glas, in Vitrinen und von Licht angestrahlt. Von jedem immer nur einer, aus jedem nur denkbaren Material und von überall auf der Welt.

Perlhuhn Halle HäkelmonsterDer Mann hatte den Laden entdeckt und vielleicht tat es ihm dann leid. Jeden Knopf habe ich angesehen und viele, viele Perlen. Ein Fest! Wenn Ihr also mal in der Gegend seid …

Danach gab es Kaffee im Café und Kunstraum Rosenburg. Auch das unbedingt eine Empfehlung. Weil es total nett ist und vielleicht auch ein bißchen weil gegenüber, auf der anderen Strassenseite, sechs Basketball-Körbe auf einem richtigen Platz sind :o) So hatte jeder seins.

Rosenburg Halle HäkelmonsterUnd dann – nein, es ist noch nicht zu Ende – haben wir diese Ausstellung entdeckt: „Wo alles anfängt“ zeigte Arbeiten von Studierenden und Lehrenden der Schmuckklasse von Professor Daniel Kruger an der BURG.

„Autorenschmuck,“ so heißt es in der Presseerklärung,

„das sind solitäre Stücke, plastische Objekte, deren Präsentationsfeld der menschliche Körper ist. Als Kunstform ist Autorenschmuck ein Objekt der Betrachtung, das am Körper getragen wird und über das Dekorative hinaus Fragen nach Identität, Geschichte(n) und Zeitgenossenschaft stellt. Er bringt zum Ausdruck, wie wir unser unmittelbares Umfeld wahrnehmen und verstehen. Dabei können die Schmuckstücke formal und abstrakt, aber auch figurativ und narrativ sein, in einer Größenordnung von klein und intim bis groß und repräsentativ. Das Tragen der Objekte wiederum ermöglicht eine Aneignung der darin verkörperten Ideen.“

Soll heißen – alles eher keine Schmuckstücke die man wirklich trägt, aber großartige Ideen, umgesetzt aus den verschiedensten Materialien, wie Plastik oder Metall, Stoffe oder Email. Jedes ein Einzelstück und richtig wilde Sachen.

Wo alles anfängt Halle HäkelmonsterSo war das in Halle. „Kunst-satt“ und hochzufrieden sind dann am Abend zu meinen Eltern zurück gefahren.

Und bis heute verstehe ich nicht, warum wir da nicht schon viel eher und viel öfter waren.

Kommt deshalb auf die Vorsatzliste 2016!

 

KUNSTASYL

Als wir noch im Norden von Neukölln gewohnt haben war Barbara unsere Nachbarin. Sie wohnte in der zweiten Etage und wir in der vierten. Wir halfen uns wenn ein Ei zum Backen fehlte oder die Hausverwaltung geschrieben hatte. Wir schwatzten für einen Moment auf der Treppe wenn es sich so fügte, weil sie joggen ging und ich zeitgleich den Sohn zur Schule brachte. Manchmal saßen wir auch abends im Hof zusammen und einmal – als Barbara sich ausgesperrt hatte – haben wir ihre Wohnungstür mit Hilfe eines Drahtbügels wieder aufgemacht. Spätestens seither weiß ich, dass wir gut zusammen arbeiten.

Barbara ist Künstlerin. Der Trainer sagt meinem Sohn nach, dass er beim Basketball „dahin geht wo es weh tut“. Das macht Barbara auch. Allerdings im richtigen Leben. Sie war in Syrien als das eigentlich nicht mehr ging und letzten Sommer in Lampedusa. Dass ihr derzeitiges Kunstprojekt in einem Flüchtlingsheim in Berlin stattfindet ist logische Konsequenz.

Heute morgen wurde eine Studie veröffentlicht, der zufolge ein Flüchtling in der Regel mindestens sieben Monate auf Bestätigung seines Aufenthaltsstatus warten muss. Sieben Monate in denen es nicht mal einen Deutschkurs gibt. Zumindest nicht in Berlin. Sieben Monate kaserniert, traumatisiert und bei allem zur Untätigkeit verdammt (wenn man von täglichen Ämtergängen und stundenlangem Warten absieht).

KUNSTASYL HäkelmonsterDas Heim, in dem Barbara arbeitet, liegt im Industriegebiet. Weit weg von allem und häßlich. Rundherum ein hoher Zaun. Abends Rechtsradikale auf der Straße. Ihr Projekt heißt KUNSTASYL. Auf der gleichnamigen Seite werden die Bewohner vorgestellt. Khaled ist 11 Jahre alt. Er ist einer von ihnen und wohnt im Erdgeschoss, Zimmer 11. Es tut weh seinen Text zu lesen. Mir zumindest. KUNSTASYL HäkelmonsterUm die Homepage den Heimbewohnern leichter zugänglich zu machen habe ich angefangen die Texte auf Englisch zu übersetzen. Außerdem – wie könnte es anders sein – wird es einen Stricktreff geben. Um sich auszutauschen (wir wissen alle, wie gut es sich mit Nadeln in der Hand reden lässt), aber auch in Bezug auf das Kunstprojekt. Barbara wird darüber auf der Homepage schreiben. KUNSTASYL HäkelmonsterAm Wochenende haben wir mit Freunden zu Abend gegessen. Nett wars und viel zu spät. Als wir weit nach 1 Uhr schließlich aufbrachen sprach mich auf der ansonsten menschenleeren Straße eine junge Frau an. Sie war ziemlich aufgeregt. „Sehe ich aus wie eine Asylantin?!“ fragte sie mich und auf meine Gegenfrage „Wie sieht eine Asylantin denn aus?“ fragte sie erneut „Sehe ich aus wie ein Flüchtling?“. Was war passiert? Sie hatte den Tag über beim Karneval der Kulturen kleine Einladungen zu ihrem eigenen Kunstprojekt verteilen wollen und wurde wiederholt für eine bettelnde Asylantin gehalten. Eine von denen, die einem einen Zettel hinhalten auf dem steht, dass sie Hunger haben aber kein Deutsch sprechen. Wir haben uns noch lange unterhalten. Dass sie in Berlin geboren ist als Kind türkischer Eltern. Dass sie sich deutsch fühlt, aber dass man sie nicht läßt, weil sie dunkle Haare hat und dunkle Augen. Und dass sie das wütend macht, aber auch traurig. Mich läßt das Thema nicht los.