Jeden 5. eines Monats stellt Luzia Pimpinella fünf Fragen. Fragen – willkürlich zusammengestellt – die nichts mit Wolle zu tun haben (gar nichts) und vielleicht gerade deshalb genau das sind, was mein Kopf und mein Blog zur Zeit brauchen. Hier sind ihre Fragen im Juni (die ich dann doch nicht so ganz woll-frei beantworten konnte):
Wo bin ich am liebsten?
„Home is, where the heart is“ heißt es, und so geht es mir auch. Mein Lieblingsort ist deshalb überhaupt nicht an einen Ort gebunden, sondern an die Menschen, die ich liebe. Klar gibt es Plätze, an denen ich gerne und weniger gerne bin, aber grundsätzlich bin ich zu allen Schandtaten bereit, so lange Mann und Teenager dabei sind. (Allein die Tatsache, dass ich immer noch in Berlin bin, wo die Winter lang und dunkel sind – zu lang und zu dunkel für mich – sagt alles, oder?).
Früher war der Teenager fassungslos, wenn wir – der Mann und ich – gesagt haben, mit 18 fliegt er zu Hause raus. Er bliebe für immer, hat er damals gebrüllt. Das hat sich über die Jahre geändert … Heute ist er mindestens so fassungslos, wenn wir ihm sagen, wir kommen mit, wenn er geht … 😬.
Machen wir nicht, aber ich schließe ebensowenig aus, dass wir uns dann auch noch mal auf den Weg machen. Es gibt so viele schöne Orte auf der Welt, so Vieles, was wir noch nicht gesehen haben. Irgendwo zu zweit nochmal neu anzufangen („Bordeaux“ flüstert die Stimme in meinem Kopf) hat einen ganz eigenen Zauber, wenn ich so darüber nachdenke. Aber wenn irgendwann Enkelkinder da sind, werden wir dem Sohn wohl doch hinterher gehen 😉.
Was muss für mich unbedingt mit in jeden Urlaub?
Wolle und Stricknadeln. Wochenlang denke ich vorher darüber nach, was ich stricken könnte und woraus – egal wann wir fahren (im Sommer oder zu Weihnachten) oder wohin. Und dann stricke ich jeden Morgen, wenn Mann und Sohn noch schlafen, genieße die Ruhe und vielleicht sogar Sonne. Später, in Berlin, ist dann das Feriengefühl sofort wieder da, sobald ich das Tuch (meistens ist es auf Reisen ein Tuch) sehe oder trage.
Außerdem ist immer eine kleine grüne Tasche dabei, die mir der Mann vor Jahren in Frankreich geschenkt hat. Da sind winzige Sockenwoll-Reste drin, aus denen ich Blätter stricke. Für jedes fertige Blatt findet der Teenager den perfekten Platz. Ich mag die Vorstellung, dass Menschen meine Blätter entdecken, sich darüber freuen oder sie sogar mit nach Hause nehmen. (Oder ein Feuerzeug drunter halten, sagt die Berlinerin in mir …).
Welches ist mein liebstes Essen im Sommer?
Die, die mein Blog regelmäßig lesen, wissen, dass der Mann seit einigen Jahren nicht mehr in Berlin arbeitet. Zwischen einzelnen Projekten ist er dann allerdings einmal im Jahr (meistens im Sommer) über Wochen zu Hause. Es scheppert dann durchaus braucht dann eine Weile, bis wir uns im gemeinsamen Alltag wieder „zurecht ruckeln“ und das – so haben wir gelernt – geht am besten mit ganz klarer Arbeitsteilung. Deshalb ist die Küche im Sommer seine.
Dann liest er Magazine, schreibt Einkaufszettel, schwingt sich auf sein Fahrrad, kauft Lebensmittel, die ich nie kaufe und kocht. Mittags ruft er mich dann an, fragt, ob ich pünktlich Feierabend machen kann und spätestens dann fahre ich los. Weil ich weiß, dass zu Hause der Tisch auf der Terrasse gedeckt ist, dass es wunderbar riecht und dass der Mann dort auf mich wartet.
Wir haben dann Zeit für uns (der Teenager ist noch in der Schule. Gemein, ich weiß), essen (eine Sommersuppe oder Tapas oder einen Auflauf – ich liebe Aufläufe) und reden. Reden und essen. Sitzen noch länger, trinken meistens noch einen Kaffee zusammen und dann macht jeder wieder seins. Garten, Haus – zu tun ist immer.
Mein Lieblingsessen ist das, was mein Mann für uns kocht? Ja, ist es. Weil das mehr als kochen ist – für mich ist das Leben ohne Uhr, Genuß, Leichtigkeit, Sommer, irgendwie Luxus, Akku aufladen, vielleicht sogar das Erfolgsrezept unserer Ehe.
Bin ich eher Team brütende Hitze oder lieber Team nordeuropäisch kühl?
Perfekt ist es da, wo das Meer ist. Punkt. Die Temperatur ist mir dann echt egal (vorausgesetzt, das Wetter ist annehmbar).
Vor Jahren waren wir im Winter an der polnischen Ostsee. Rückblickend gehört das zu den schönsten Ferien, die wir je gemacht haben. Der Teenager war noch ein kleiner Junge, am Strand war niemand außer uns, Muscheln hatten kleine weiße „Eisjacken“ an und die Wellen waren in der Bewegung gefroren.
Der kleine Junge zog den Schneeanzug an, um ans Wasser zu gehen, schlidderte auf dem Eis und wir gingen stundenlang spazieren. Abends saß er dann mit roten Backen am Ofen und kippte vor Müdigkeit vornüber auf das Mensch-ärgere-Dich-nicht-Brett.
Das ist so lange her alles. Macht mich ganz wehmütig gerade. Und dankbar.
Wie kann ich im Urlaub am besten relaxen?
Neulich habe ich irgendwo gelesen, dass je besser die Optionen sind, zwischen denen sich Menschen entscheiden müssen, desto schwerer fällt es ihnen, überhaupt eine Entscheidung zu treffen. Vielleicht fahren wir deshalb immer wieder im Sommer nach Frankreich. Gleicher Ort, gleiche Wohnung, alles gleich. Wir wissen, was uns dort erwartet, was fehlt (bringen wir mit), wo wir gerne essen gehen und wie nett unsere Vermieter sind. Das ist wie ein Zuhause fernab von zu Hause. Fremd und dann eben doch nicht.
Letztes Jahr haben wir das mal unterbrochen – war gut, aber nicht so gut, dass wir das wiederholen wollen. Deshalb wieder Frankreich. Gleicher Ort, gleiche Wohnung. Und loslassen.
Der Mann wird wie jedes Jahr ein (Ferien-)Buch lesen und mir auf langen Spaziergängen die Handlung erzählen, wir werden mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein (weil er das liebt), und wieder alle Kirchen besichtigen, weil sie schön sind und weil es da kaum anderes zu besichtigen gibt.
Das wird gut.