Woche 10

Als ich ein Kind war, waren die Sommerferien endlos. Sechs Wochen, die nie zu Ende gingen – war das für Euch auch so? Seit zehn Wochen hat der Teenager nun keine Schule mehr. ZEHN Wochen … zwar ohne frühes Aufstehen, aber auch ohne Freunde, ohne Training und ohne den vertrauten Alltag. Statt dessen ab und an Zoom-Konferenzen und viel Zeit alleine.

In einem Alter, in dem Kinder sich auf den Weg machen, in dem Freunde wichtiger sind als alles andere, in einer Zeit, in der sie flügge werden (sollen!), ist mein Teenager zu Hause. Für mich ein unerwartetes Geschenk. Und für ihn?

Was macht das mit ihm? Ich kann es nur vermuten.

In zehn Wochen hat er zwei Basketbälle (keinen Mist, sondern hochwertige Outdoor-Bälle namhafter Hersteller) kaputt gespielt. Sie haben erst ihren Grip, dann die Luft verloren. Das Korbnetz ist an einer Stelle durchgescheuert. Materialermüdung.

Aber er spielt weiter. Und wirft und wirft und wirft.

Es heißt, ab nächste Woche wären die Sportplätze für Gruppen mit bis zu sieben Spielern wieder geöffnet. Darauf hoffen wir jetzt.

Was war sonst in dieser Woche?

Ich habe den geringelten Pullover gewaschen und ihn in Form gezogen. Unglaublich, wie der sich mit Wasser vollgesogen hat! Da half auch Schleudern in der Maschine nicht. Er blieb tropfnass. Also habe ich ihn draußen auf den Wäscheständer gepackt und zwei Tage gewartet. Bis auf den Kragen ist er fast so geblieben wie er war. Das sah zwar schicker aus mit dem enger anliegenden Bündchen am Hals, aber dafür ist diese Wolle dann eben doch nicht weich genug. Das war nichts für mich.

Kann man sehen, dass die blauen Streifen an den Armen identisch sind mit denen am Körper? Nachdem ich mit Resten gestrickt habe, war halt irgendwann kein Orange mehr da. Die Streifen habe ich mit dem Streifengenerator bestimmt. Echt eine super Idee – ich überlege schon, wann und für was ich das wieder einsetzen kann.

Was ich auf jeden Fall auch nochmal stricken möchte, wenn auch mit dünnerer Wolle, ist diese Schulterpartie. Gefunden habe ich die in Elizabeth Zimmermanns Buch „Knitting without Tears“. Echt eines meiner liebsten Strickbücher!  Unter dem Namen seamless hybrid ist die Anleitung auch auf Ravelry.

Jetzt werde ich den fertigen Pullover aber erst mal wegpacken. Wolle, gestrickt mit Nadeln 5.0, möchte ich bis Herbst nicht mehr sehen. Nicht als Knäuel und ganz sicher nicht an mir.

Und den Blogpost verlinke ich zu Andreas Samstagsplausch. Schon die dritte Woche, in der ich dabei bin. Danke, Andrea 😘

 

(K)ein neuer Pullover

Als ich das letzte Fädchen abgeschnitten und vernäht habe, dachte ich, ich hätte einen fabelhaften neuen Pullover. Aber es kam anders und das aus zwei Gründen:

Zum einen ist – wie ich jetzt weiß – ein im Rippenmuster und mit 5er Nadeln gestrickter Pullover nichts, was für mich und meine Figur gemacht ist.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Zum anderen konnte ich gar nicht so schnell gucken, wie der MEIN! Pullover den Besitzer wechselte. „Kann ich den mal anprobieren? Vielleicht steht er mir ja besser.“ Danke ja, streu Salz in die Wunde.

Was soll ich sagen: der Teenager hatte Recht, turnte grinsend durch den Garten und erlaubte sogar, dass ich Bilder mache.

Nun hat ER also einen Pullover, der im Wesentlichen auf der schönen Weekend-Sweater Anleitung von Schachenmayr basiert (nur der Ausschnitt ist anders), gestrickt in Merino von Grossewolle in grau, blau und orange. Bejubelt habe ich die schon im Dezember: Tolle Struktur, schöne Farben, wunderschönes Maschenbild, Lieblingswolle.

Erst Recht jetzt, wo der Pullover gewaschen ist. Das hat die Wolle noch mal ein bißchen verändert. Kann griffig das Gegenteil von weich sein? Dann kann man sie damit wohl am besten beschreiben. Sie kratzt nicht, sie ist einfach nur genau so, wie Wolle wohl ist, wenn ein Schaf sie einen deutschen Winter lang darauf vorbereitet hat, ein Strang zu werden.

Vielleicht müßt Ihr das einfach mal ausprobieren. Ihr solltet halt nur sehr genau gucken, nach welcher Anleitung Ihr strickt und ob ein Teenager in der Nähe ist …

Jahresende

Wir gucken Basketball, der Teenager und ich. Alba gegen MBC. Der Mann ist einkaufen gegangen. Bei Edeka. Alles wie immer also. Und doch anders. Weil es der letzte Tag im Dezember ist, der letzte Tag des Jahres.

Um Mitternacht geht dann alles auf Null. Alles neu! Alles anders! Alles schön! …  Alles Quatsch!

Das Leben Mein Leben wird morgen genauso weitergehen wie heute. Nicht alles ist perfekt, nicht alles ist so, wie ich es möchte, aber die Basis stimmt. Die Vorsätze aus dem Sommer sind unverändert die Gleichen, die Träume auch. Alles andere wird sich zeigen. Tag für Tag.

Familie, Freund*innen, Job – sogar mein Strickprojekt bleibt mir erhalten.

Seit Wochen stricke (und ribbel) ich Merino von Grossewolle in grau, blau und orange. Mit jedem Test, jedem Muster, jeder Idee gefällt mir das Garn besser. Eine tolle Struktur, schöne Farben,  wunderschönes Maschenbild. Sollte ich eine Wolle zur Lieblingswolle erklären, wäre es momentan diese. Ungeachtet dessen, ob mein Projekt jemals fertig wird.

100 gr, 180 Meter, Nadelstärke 5,5. Da ist es vielleicht sogar ganz gut, dass heute Nacht nicht alles auf Null geht, sondern nur die Temperaturen – denn wenn das so bleibt, könnte aus den Entwürfen in diesem Winter doch noch ein Pullover werden 😬.

Und doch weiß ich, dass es nicht Allen so geht wie mir. Dass für die Eine oder Andere Silvester Anlaß genug sein mag, ihr Leben zu ändern und das grade zu rücken, was grade gerückt werden muss. Und das ist so schwer. Ich sehe Euch, denke an Euch, umarme Euch virtuell. Und wünsche mir so sehr, dass das, wovon Ihr träumt, in 2020 wahr wird. Wenn nicht jetzt – wann dann?!

Seid gut zu Euch bitte. Nachsichtig und liebevoll.

Morgen ist ein neuer Tag 💖.

Kamelwolle

Kamele haben zwei Höcker, Dromedare haben einen – dachte ich immer. Stimmt aber nicht. Mittlerweile habe ich gelernt: Kamele sind sie alle, neugierig und freundlich, aber man unterscheidet zwei Gruppen: Dromedare (1 Höcker) und Trampeltiere (2 Höcker) in der einen, Lamas und Vicunjas in der anderen Gruppe.

Noch interessanter finde ich allerdings, dass Kamele (also die aus Gruppe 1) „in der Mauser“ zwischen 5 und 7 kg Unterhaar verlieren. Das ist irgendwie gut und irgendwie auch nicht. Denn so müssen sie zwar nicht geschoren werden, weil die Haare im Frühjahr büschelweise ausfallen, aber das macht die Verarbeitung auch deutlich aufwendiger. Schließlich muss man diese Büschel nicht nur reinigen, sondern auch das Deckhaar (Grannen = pieksig, grob) vom Unterhaar trennen.

Im Idealfall bleibt dann nur Unterhaar übrig. Unglaublich weich, fast wie Kaschmir und dabei temperaturausgleichend. Gerade letzteres ist eigentlich logisch, wenn man sich überlegt, dass Kamele mehrheitlich in Wüstenregionen leben, wo es tagsüber super heiß und nachts richtig kalt ist. Da muss das Fell ja beides können, also wärmen und kühlen gleichermaßen.

Kurz: ein spannendes, mir bis dato unbekanntes Material, von dem ich mir – als sich bei Grossewolle die Gelegenheit bot – einen Strang gekauft habe. Daniel (Chef bei Grossewolle) hat zu seinem Garn einen Text geschrieben, in dem er alles über Herkunft und Herstellung der Wolle erklärt. (Außerdem erzählt er über dieses Projekt im Interview mit den Ladies vom frickelcast. Das habe ich mir allerdings bisher nicht angehört. Wer mehr über Kamelwolle lernen möchte, dem sei dennoch Beides empfohlen).

Mittlerweile habe hatte ich meinen Strang auf den Nadeln und zu einem Down to the River Tuch verstrickt. Mein drittes, das (nachdem ich die beiden anderen verschenkt habe) eigentlich meins sein sollte. Danach sieht es aber für den Moment aus zwei Gründen nicht aus: die Art des Garns und die Art der Farbe.

Kamelwolle, wie die, die ich habe, hat ein sehr schönes Maschenbild und eine tolle Lauflänge, ist aber nichts, was ich am Hals tragen möchte. Es erinnert mich an skandinavische Wolle. Wolle mit kleinen Widerhaken, die sich gleich nach dem Stricken verfilzt anfühlt. Das mag ich sehr an Pullovern, aber nicht als Tuch. Dieses Pieksen kommt von den Grannen, also durch das Deckhaar, das sich „im Erstversuch“ nicht restlos vom Unterhaar trennen ließ. Davon schreibt Daniel ja auch in seinem Blogpost. Vielleicht liegt es aber auch ein bißchen daran, dass es Kamele sind, die auf deutschen Farmen leben. Könnte doch sein, dass die fern der Wüste kein so schmusig weiches Unterhaar haben. Ich weiß es nicht.

Wie dem auch sei, ich habe versucht, mein fertiges Tuch mit Lanolin weicher zu bekommen, aber das hat nur in Teilen funktioniert. Es kratzt zwar nicht mehr so, aber dafür fühlt es sich nun (auch bei sparsamster Verwendung des Lanolin) irgendwie fettig an. Noch habe ich deshalb nicht entschieden, ob ich es nochmal wasche oder nicht und was überhaupt damit passiert.

Und zu der Farbe: die ist anders als die von Schafwolle beispielsweise. Das ist jetzt keine Überraschung nachdem ein Kamel kein Schaf ist, aber ich habe da vorher nicht drüber nachgedacht. Kamelwolle ist stumpf. Ich wüßte nicht, wie ich es besser beschreiben soll. Von innen heraus stumpf. Guckt Euch Kamele an, dann wißt Ihr was ich meine. (So ein Strang riecht übrigens auch anders als Schafwolle, aber das nur nebenbei).

Trotzdem kann ich nicht loslassen. Ich möchte sehen (fühlen!), wie dieses Projekt weitergeht bei Grossewolle. Da ist so viel Begeisterung dabei, so viel Passion und so viel Arbeit. Und deshalb werde ich wohl auch aus der nächsten Charge einen Strang kaufen. Der wird dann weicher sein, grannenfreier und – kombiniert mit einem zweiten, farbigen Faden – sicher spannend. Und dann schreibe ich wieder darüber.