Viel auf den Nadeln

Der schwarze Pullover zieht sich wie ein Kaugummi … Die Wolle ist dünn, der Teenager-Körper lang und jede Runde endlos. Vorerst ist ein Ende also nicht in Sicht. Macht aber nichts. Die Wolle ist toll. Das Maschenbild auch. Und dass der Teenager sich einen Pullover wünscht, ist sowieso das Beste.

Weil mein Sternenpullover ihm (zumindest in der Weite) passt, orientiere ich mich daran. Und so viele Zentimeter sind es jetzt auch gar nicht mehr bis zu den Dinosauriern. Wahrscheinlich wäre es schlau, vorab ein Tier im Maschenstich auf eine Maschenprobe zu sticken, um zu sehen, ob die Proportionen (die ich bisher nur auf Karopapier gemalt habe) stimmen. Vielleicht mache ich das. Vielleicht auch nicht.

Natürlich käme ich mit dem Pullover für den Teenager deutlich schneller voran, hätte ich nicht parallel lauter kleine Projekte angefangen … Aber bei all dem Schwarz war mir ganz dringend nach bunt. Also habe ich Socken aus 8fädiger Wolle gestrickt (fertig), dann Pulswärmer aus dem gleichen Knäuel, um zu sehen, ob die Wolle dafür reicht (tut sie. Auch fertig).

Ich erinnere nicht, jemals Socken aus 8fädiger Sockenwolle gestrickt zu haben. Das geht unfassbar schnell, macht Spaß und diese Färbung (Regia, SnowColor Edition, Jumping Color) gefällt mir so gut, dass ich noch ganz viel daraus stricken möchte. Das Gelb, die Pastellfarben – alles irgendwie Frühling.

Dabei scheint der – zumindest hier in Berlin – noch sehr weit weg zu sein. Minusgrade im zweistelligen Bereich sind vorhergesagt und bis zu 20 cm Schnee. (Lange her, dass wir das zuletzt hatten! Ich behaupte im Winter 2010 / 2011). Ein echter Glücksfall für die Natur, weil endlich mal wieder die Böden durchfeuchtet und die Grundwasservorräte aufgefüllt werden. Und eigentlich ja auch ganz hübsch, wenn alles so unter einer weißen Decke liegt.

Aber zurück zu meinen neuen Projekten:

Angefangen habe ich außerdem ein weiteres Paar Pulswärmer aus 4fädiger Sockenwolle. Lauter Reste, die hier noch lagen, verstrickt in dem Rippenmuster der 8fädigen Socken. Ich mag dieses 3re / 1 li. Dehnt sich wunderbar und sieht doch nicht aus wie normale Rippen. Der Daumenkeil ist glatt rechts. Ob mir das gefällt weiß ich noch nicht. Und das Paar wird nicht gleich aussehen, weil die Reste dafür wohl nicht reichen.

Es ist auf jeden Fall ein schönes Taschenprojekt, an dem ich z.B. Freitag weitergestrickt habe, als ich nicht mit in die Arztpraxis durfte. Also ist der  Teenager zur Weisheitszahn-OP-Nachuntersuchung alleine gegangen (danke für alle guten Wünsche!! Es geht jeden Tag ein bißchen besser) und  ich saß strickend im Auto vor der Tür. (Wahrscheinlich hat in der Arztpraxis niemand einen Teenager).

Last but not least liegt hier noch ein rotes Knäuel, aus dem ich übers Wochenende ein Tuch anstricken möchte 🙃. Dazu dann nächste Woche mehr.

Wird nicht langweilig.

Bei allem habe ich nicht weiter über ein Jahresprojekt nachgedacht. Deshalb bleibt es bei einem vagen „ich mache was aus den kleinen Kissen“ und dem Vorsatz, weiterhin jedes Wochenende ein Blogpost zu schreiben. Und einmal in der Woche mit den Besten zu stricken. Aber das ist kein Vorsatz – das ist ein Wunsch 💖.

Wer viel strickt, darf viel verlinken (habe ich beschlossen). Deshalb geht dieser Post gleich zweimal zu Andrea: zum Samstagsplausch und zum Nadelgeplapper.

Heart on my Sleeve

Jeden Samstag erzählt Andrea im Blog wie ihre Woche war und fordert dazu auf, es ihr gleich zu tun. Samstagsplausch nennt sie das und was sie schreibt, lese ich immer. Auch wenn wir uns sehen. Nur haben wir das seit Wochen nicht. Mein wöchentlicher #knitwoch, mit Andrea und Magda findet – wenn überhaupt – nur virtuell statt und das ist (auch wenn wir es anders wollen) einfach nicht das Gleiche wie „richtige“ Treffen.

Mist alles. Aber zum Glück wohl absehbar.

Wie war sie also, meine Woche? Ich habe immer noch viel mit Haus und Handwerkern zu tun. Die Fassade ist fertig, aber nun kommen Treppe und Veranda. Der Stahl für die Unterkonstruktion liegt seit gestern (verdeckt) in der Einfahrt (damit er auch Montag noch da ist). Der Teenager und ich haben Hortensien, Christrosen und Johannisbeer-Sträucher umgepflanzt, die alle da standen, wo die Veranda hin soll (oder im Weg waren, weil jemand, der Stahl schleppt, wohl eher nicht auf Pflanzen achtet. Wie auch?) Die schwarze Johannisbeere scheint es zu schaffen, der rote sieht traurig aus. Ich möchte, will, muss noch Beton- und Kalkreste von Klinkersteinen entfernen. Nehme ich den Winkelschleifer? Reicht Zitronensäure? Was weiß denn ich …

Es ist ein bißchen wie das zweite Stück Torte, das man ißt in dem Wissen, dass es einem nicht bekommt, weil es zuviel ist. Der berühmte Tropfen, der das Faß zum Überlaufen bringt … Schon die Fassade war (nicht nur) ein (finanzieller) Kraftakt. Noch in diesem Jahr die Veranda zu machen ist Wahnsinn, aber so ist es jetzt.

Und es wird schön. Sehr schön!

Bei allem habe ich nicht viel gestrickt. Ein bißchen an meinem Pullover aus Regia-Resten. Da ist der zweite Ärmel fast fertig. Die Resonanz auf Instagram war verhalten, darüber mußte ich lachen. Beim ersten Ärmel-Posting hat mir wohl noch niemand geglaubt, wie bunt der Pullover wirklich werden wird. Keins der Knäuel hat noch 50 gr. und so kombiniere ich immer einen einfarbigen Rest mit einem bunten. Der Körper wird grün. Flaschengrün mit bunt, blaugrün mit bunt, olivgrün mit bunt. Ein Knäuel nach dem anderen. Keine Ahnung, wie das später aussieht, aber ich wünsche mir, dass all diese verschiedenen Farben sich letztlich zu einem großen Ganzen zusammenfügen. Und bei olivgrün am Kragen ist das Risiko gering, dass mir der fertige Pullover nicht steht. Olivgrün geht immer.

Dann habe ich Herzen mit Maschenstich auf kleine Maschenproben gestickt. Erst ein Rotes für mein Muttertag-Bild auf Instagram, dann ein Gelbes (auf Grau) für Regia. (Sieht man, dass ich versucht habe, es dreidimensional aussehen zu lassen? Die Maschen links sind aus dem gelben Pairfect-Anfangsfaden, die übrigen sind Neon). Dann wieder ein Rotes, um zu sehen, wie Stiche mit dünnem Garn auf dickerer Wolle aussehen. Dann noch ein Gelbes. Dieses Mal auf Regia-Denim.

Nennen wir es einen Maschenstich-Rausch 😬. Wäre ich Künstlerin, wäre das wohl eine Serie. Das Herz ist immer das gleiche und doch scheint jedes eine andere Form zu haben. Vielleicht sollte ich auch mal ein helles auf dunklen Untergrund sticken.

Das erste Rote ist mein Favorit bisher; das andere habe ich auf ein Loch im Ärmel einer gekauften Jacke genäht. „Wear your heart on your sleeve“ ist das englische Äquivalent zu „das Herz auf der Zunge“ tragen. Passt gerade irgendwie. Zu den bunten Pullover-Ärmeln, zu den Herzen und zu mir.

Sonst nichts. Es gibt eine lange Liste all der Dinge, die ich tun möchte oder längst hätte tun müssen, aber ich komme einfach nicht dazu. Also wird die Liste immer länger. Ich habe den 6. Geburtstag der kleinen Patentochter vergessen; heute morgen, als ich mit ihrer Mutter telefonierte, fiel es mir wieder ein 😢.

Irgendwie ist es symptomatisch, wo sich momentan doch alle Tage gleich anfühlen. Weil home office nicht Büro ist. Weil home schooling (gibt es da eigentlich kein deutsches Wort für?) keine Schule ist. Weil einkaufen mit Maske und Einkaufswagen mich wahnsinnig macht.

Ich fühle mich wie aus der Zeit gefallen. Ihr auch?

 

 

Jahresende

Wir gucken Basketball, der Teenager und ich. Alba gegen MBC. Der Mann ist einkaufen gegangen. Bei Edeka. Alles wie immer also. Und doch anders. Weil es der letzte Tag im Dezember ist, der letzte Tag des Jahres.

Um Mitternacht geht dann alles auf Null. Alles neu! Alles anders! Alles schön! …  Alles Quatsch!

Das Leben Mein Leben wird morgen genauso weitergehen wie heute. Nicht alles ist perfekt, nicht alles ist so, wie ich es möchte, aber die Basis stimmt. Die Vorsätze aus dem Sommer sind unverändert die Gleichen, die Träume auch. Alles andere wird sich zeigen. Tag für Tag.

Familie, Freund*innen, Job – sogar mein Strickprojekt bleibt mir erhalten.

Seit Wochen stricke (und ribbel) ich Merino von Grossewolle in grau, blau und orange. Mit jedem Test, jedem Muster, jeder Idee gefällt mir das Garn besser. Eine tolle Struktur, schöne Farben,  wunderschönes Maschenbild. Sollte ich eine Wolle zur Lieblingswolle erklären, wäre es momentan diese. Ungeachtet dessen, ob mein Projekt jemals fertig wird.

100 gr, 180 Meter, Nadelstärke 5,5. Da ist es vielleicht sogar ganz gut, dass heute Nacht nicht alles auf Null geht, sondern nur die Temperaturen – denn wenn das so bleibt, könnte aus den Entwürfen in diesem Winter doch noch ein Pullover werden 😬.

Und doch weiß ich, dass es nicht Allen so geht wie mir. Dass für die Eine oder Andere Silvester Anlaß genug sein mag, ihr Leben zu ändern und das grade zu rücken, was grade gerückt werden muss. Und das ist so schwer. Ich sehe Euch, denke an Euch, umarme Euch virtuell. Und wünsche mir so sehr, dass das, wovon Ihr träumt, in 2020 wahr wird. Wenn nicht jetzt – wann dann?!

Seid gut zu Euch bitte. Nachsichtig und liebevoll.

Morgen ist ein neuer Tag 💖.

Birkin, final!

Anfang Januar 2018 habe ich Wolle in Schweden gekauft, um daraus einen Birkin (nach der Anleitung von Caitlin Hunter) zu stricken. Ein gutes Jahr später war das, was so leicht in einen einzigen Satz passt, kurz davor ein Drama zu werden. Denn irgendwie wollte das mit dem Birkin und mir partout nichts werden.

Im ersten Versuch hatte ich fünf Farben, von denen zwei nicht passten. Farblich vielleicht, aber die Garne waren einfach zu unterschiedlich. Hätte ich eher sehen können, habe ich aber nicht. Also neu. Im zweiten Versuch habe ich mich grausam verzählt, das nach der ersten Blätterranke gemerkt und dann gleich geribbelt.

Im dritten Versuch (Februar 2018) wurde die Passe – trotz Maschenprobe – viel zu eng. Ich hätte schulterlos sein müssen. Oder ein Tropfen. Die Suche nach #birkinsweater auf Instagram hat mir gezeigt, dass ich nicht die Einzige bin, der das so ging – guckt mal bei Valerie oder bei Vivian oder bei Kristen – das war ungemein tröstlich,  brachte mich meinem Pullover aber nicht näher  …

Im vierten Versuch schließlich (März 2018) schien alles zu stimmen, bis ich gemerkt habe, dass die Passe viel zu wuchtig wurde, zu tief, zu breit – wie immer man das beschreibt. Alles prima, so lange die Arme unten blieben. Waren sie das nicht, kam viel zu viel Blumen-Passe mit nach oben. (Wie bei Marjorie). Den hätte ich niemals angezogen.

Im fünften Versuch (Juli 2018) genau das Gleiche. Auch wenn ich auf die meisten Blumen verzichtet habe. Zu diesem Zeitpunkt war ich kurz davor, das ganze Projekt für immer in die Tonne zu kloppen zu vergessen. Statt dessen lagen die Trümmer für Wochen auf dem Sofa.

Bis meine wunderbare Freundin Bettina im Januar 2019 nach Dublin zu ihrer Tochter flog und mir von dort „local yarn“ mitbrachte. Einfach so. Weil sie wunderbar ist. Donegal Aran Tweed, 8 x grün, 1 x rot, 1 x weiß und 2 x türkis.

Alles neu also im sechsten Versuch und dieses Mal habe ich nur noch auf Elizabeth Zimmermann und ihr Buch „Knitting without Tears“ gehört: Eine einzige Maschenprobe und dann Bottom-up statt top-down, Aran statt Fingering, drei Blumenranken statt fünf, Abnahmen in der Passe, die sich an meinem Körper orientieren, nicht am Muster. Damit war alles ganz einfach. Und alles ist gut.

Alles ist wirklich gut. Nur glauben kann ich das noch nicht.

Aller guten Dinge …

Die grüne Jacke, die vorher ein grünes Top war und jetzt ein grüner Pullover wird, liegt hier noch immer, die grüne Phase dauert an und irgendwie bewegt sich da wenig bis gar nichts. Reihe um Reihe stricke ich rechte Maschen und Nacht für Nacht werden die offensichtlich wieder aufgeribbelt … Werden sie natürlich nicht, aber es kommt mir so vor.

Dabei war eigentlich alles fertig. Sogar die Knöpfe waren schon dran. Ab und an habe ich die Jacke auch getragen, aber immer in dem Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt.

Auch wenn sie von hinten genauso aussah, wie ich es mir vorgestellt hatte. Nur, was hilft mir eine schöne Rückenansicht, wenns vorne nicht passt? Das saß nicht und vor Kurzem hat es mir dann gereicht.

Mann und Sohn mussten beim Ribbeln helfen, weil ich dachte, dass es dann schneller und besser geht … der Sohn sollte das Gestrickte aufziehen, der Mann ein Fädchen wickeln und ich das andere. Das war die Theorie.

Leider nicht die Praxis. Binnen allerkürzester Zeit haben sich die Fäden verknotet (war klar), der Sohn zog zu schnell und der Mann wickelte zu langsam, beide waren weder motiviert noch besonders bei der Sache (auch klar – schließlich machten sie das nicht freiwillig) und ich war erst unwillig, dann böse … Richtig böse. Das war ungefähr auf Höhe der Teilung Arme / Körper.

Und weil Schultern und Ausschnitt eigentlich gar nicht so schlecht waren, habe ich dann den oberen Teil belassen wie er war (war eh besser für den Familienfrieden) und angefangen in Runden zu stricken. So wird also jetzt ein V-Ausschnitt-Pullover aus der Jacke, die mal ein Top war.

Obs klappt? Keine Ahnung. Aber erste Anproben stimmen mich zuversichtlich. Garn, Struktur und Farbe begeistern mich unverändert und aller guten Dinge sind ja bekanntermaßen drei. Also muss es werden.