Was wäre, wenn …

Ein Tag gleicht dem anderen, viel zu tun im Büro, dann die Äpfel und Abends, ganz ohne mein Zutun, wechselnde Farben am wachsenden Tuch. Die Äpfel, die Wolle, das immergleiche Tun – lange war der Kopf nicht so frei, Gedanken kommen und gehen. Was wäre, wenn … eigentlich müßig darüber nachzudenken und doch tue ich es immer wieder.

Was wäre, wenn ich an irgendeiner Stelle in meinem Leben anders oder gar nicht abgebogen wäre? Verrückt, aus heutiger Sicht zu erkennen, wie eins aufs andere aufbaut. Wie klar rückwirkend Gabelungen sind, die irgendwann so unbedeutend schienen. Ein Wimpernschlag. Bestenfalls.

Der Job aus den Kleinanzeigen der Tageszeitung, der ein Halbtags-Provisorium sein sollte, um mir Zeit zu geben, „etwas Richtiges“ zu finden. Über 10 Jahre ist das her. Was wäre, wenn ich mich nicht beworben hätte? Gestern waren Chef und Chefin zum Abendessen bei uns – ein so schöner, inspirierender Abend und irgendwie das Gefühl, es wäre nicht schlimm, wenn da nochmal 10 Jahre kommen : )

Der genähte Sorgenfresser in einem Schaufenster, den der (damals) kleine Sohn so dringend haben wollte, dass ich ihm einen gehäkelt habe. Aus Topflappengarn, das Knäuel für 1,50€. Was wäre, wenn wir damals mehr Geld gehabt hätten und ich dieses Ding im Schaufenster für 40€ gekauft hätte, einfach nur, damit das Kind Ruhe gibt. Habe ich aber nicht. Statt dessen ein erstes Häkelmonster, ein Blog gleichen Namens und heute kein Tag ohne Wolle, kaum ein Wochenende ohne Blogpost.

Oder dieses Basketballspiel, das meinen Erstklässler vor Jahren so angefixt hat, dass er nichts anderes mehr wollte und bis heute nicht will. Um 8 Uhr ist er heute morgen los gegangen in die Halle. Übernächste Woche beginnt die Saison. Was wäre, wenn wir damals nicht hingegangen wären? Oder zu einem Fußballspiel anstatt?

Die Farben der #EasyPeasyBandana (im XL-Format) fließen ineinander. Sie sind wie mein Leben. Manchmal bin ich, ohne dass ich es gemerkt habe, schon in der nächsten Farbe. Manchmal sind Brüche drin. Helle Farben, dunkle Farben. Nicht jede ist eine Lieblingsfarbe. Auch den Übergang zum Gelb hätte ich so nie gewählt. Und doch hat er seine Berechtigung.

Was wäre, wenn ich aufgestanden und gegangen wäre, damals bei diesem Essen bei Freunden? Ich weiß noch, dass ich mich geärgert habe. Dass ich dachte, hier bleibe ich nicht. Geblieben bin ich dann doch. Zum Glück! Sonst hätte ich mich nicht mit dem Mann unterhalten, der neben mir saß. Er hätte mir in Folge nicht beim Umzug geholfen, wir wären nicht auf Flohmärkte gegangen und hätten uns wohl auch nicht verliebt.

Alles hätte anders ausgehen können. Ist es aber nicht ❤️

Verlinkt mit dem Samstagsplausch.

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Sonntags Top 7 im August

Über Andrea’s Samstagsplausch habe ich Antetanni’s Blog und ihre Sonntags Top 7 entdeckt. Woche für Woche fragt Antetanni hier nach den immer gleichen sieben Themengebieten: Lesen – Musik – Flimmerkiste – Erlebnis – Genuss  – Web-Fundstück/e – und Hobbys. Seit Juni 2021 bin ich einmal im Monat mit dabei.

Hier sind meine Sonntags Top 7 im August:

Lesen

Wie immer habe ich viel gelesen: Zeitungen, Onlineartikel, all das Papier auf meinem Schreibtisch, aber nicht ein einziges Buch. Immer noch nicht. Ohne Brille strengt es mich an. Mit Brille auch. Der Stapel wird größer und irgendwie auch mein schlechtes Gewissen. Warum? Keine Ahnung.

Musik

Auch da nichts Neues. Inforadio und Deutschlandfunk Kultur auf dem Weg ins Büro und wenn sich die Nachrichten wiederholen, weil ich im Stau stehe, gerne mal Klassik Radio. Zuhause Dauerbeschallung wenn der Teenager da ist. Aber ob das Musik ist?

Flimmerkiste

‚Just Mercy‘ haben wir neulich Abend gesehen. Tatsächlich eher zufällig, auf der Suche nach einem Film, bei dem niemand meckert. Ein junger Anwalt, Harvard Absolvent, kommt nach Alabama, um dort als Strafverteidiger zu Unrecht Verurteilte zu verteidigen. Ein ruhiger, dabei sehr emotionaler  Film, der die Unmenschlichkeit der Todesstrafe ebenso anprangert, wie massive Benachteiligung und rassistische Diskriminierung in Justiz, Strafverfolgung und Strafvollzug in den USA. Das Ganze (auto)biografisch und mit tollen Schauspielern.

Vorlage zum Film ist das Buch Ohne Gnade. Polizeigewalt und Justizwillkür in den USA des afroamerikanischen Jura-Professors und Bürgerrechtlers Bryan Stevenson (im Original: Just Mercy: A Story of Justice and Redemption). Ich möchte das Buch lesen (wenn ich je wieder lese) und den Film noch einmal sehen. Er hat uns alle – den Mann, den Teenager, die Nichte und mich – unglaublich beeindruckt.

Wer sich für Film, Thema und Bryan Stevenson interessiert, der empfehle ich den TED-Talk aus 2012 Wir müssen über ein Unrecht reden (englisch mit deutschen Untertiteln). Das was und vor allen Dingen auch wie er es sagt, ist gleichermaßen beeindruckend.

Erlebnis

Gestern Abend haben wir die Hochzeit von Freunden mit einer Bootstour durch Berlin nachgefeiert. Die eigentliche Hochzeit fand im vergangenen September im allerkleinsten Kreis an der Ostsee statt. Letzteres nicht, weil das Paar es so wollte, sondern weil es (bedingt durch Corona) nicht anders ging. Nun also eine zweite Feier und auch die mit Auflagen, Obergrenzen, „3G“ und deshalb (wieder) weniger Gästen als vielleicht gewünscht.

Qualität statt Quantität – wir hatten  viel Platz auf dem Oberdeck und fuhren bei unerwartet schönem Wetter wie Tourist:innen durch die eigene Stadt. (Mal ehrlich – wann macht man das schon?) Unter Brücken durch, die so niedrig sind, daß man im Sitzen (!) mit der Hand ihre Unterseite berühren kann, vorbei an wiedereröffneten Strandbars mit Musik, bunten Lichtern und fröhlichen Menschen (befreiend irgendwie, aber auch irritierend), durch das Regierungsviertel und neu entstandene Viertel mit gesichtslosen Bürogebäuden. Über uns ein orange-roter Mond (ich hätte ihn fotografieren sollen), im Unterdeck ein schönes Buffet und an kleinen Tischen Menschen, die sich angeregt unterhielten. Doch, war toll!

Und als wäre das nicht genug, hat mir die (Nun-Nicht-Mehr-)Braut total unerwartet einen Projektbeutel und Wolle geschenkt. Sie, die so gar keinen Bezug zu Wolle hat, ist offensichtlich in ihren Ferien aus Interesse an dem, was ich tue und um mir eine Freude zu machen (💚) in einen Wollladen an der Ostsee gegangen, um mir dann an einem Tag, an dem eigentlich alle Geschenke für sie sein sollten, Beutel samt Inhalt in die Hand zu drücken. So wunderbar! (💚)

Noch gestern Nacht habe ich nach passenden Anleitungen geguckt und bin wohl auch fündig geworden. Ein neues Projekt ist quasi schon auf den Nadeln …

Genuß

Dankbarkeit muss das diesen Monat heißen. Mehr denn je und für so Vieles! Kein Hochwasser. Kein Krieg. Keine Unterdrückung. Keine Angst. Stattdessen Job, Sicherheit, Zugang zu Bildung, Gesundheit, Demokratie, ein Zuhause.

Web-Fundstück/e

Unbedingt Bryan Stevensons TED Talk – verlinkt habe ich das oben schon.

Hobby

Gefühlt stagniert das Hobby. Tut es natürlich nicht, aber so richtig passieren tut auch nichts. Vergangene Woche habe ich die beiden Tomten-Jacken repariert und „zurecht gezubbelt“ wie der Mann das nennt. Das hat tatsächlich eine Weile gedauert. Dann habe ich den sehr niedlichen Mustard Baby Romper angefangen, um ihn (wahrscheinlich zu früh) wieder zu ribbeln, weil ich dachte, er wird zu groß.

Aus dem gleichen Garn stricke ich nun einen anderen Strampler, meinen dritten portugiesischen Fofo. Vorausgesetzt ich finde passende Knöpfe, wird er heute Abend fertig. Alle anderen Projekte haben es nicht aus dem Kopf auf die Nadeln geschafft. Wahrscheinlich, weil hier mal wieder tonnenweise die Äpfel vom Baum fallen. Ich sammel und schnippel gefühlt täglich (was nicht stimmt), das Haus riecht danach – und nach Pflaumen, die zu Pflaumenmus geworden sind. Zuckerfrei und wirklich gut.

Weder Äpfel noch Pflaumen sind allerdings Hobby – ich kann nur nicht zusehen, wie sie im Rasen verrotten oder Opfer der Ameisen werden.

In gut einer Woche ist September. Montag in einer Woche fängt die Schule für den Teenager wieder an. 12 Klasse, Endspurt. Der Sommer geht zu Ende, die Tage werden kürzer. Lieblingsjahreszeit des Mannes. Meine nicht. Jetzt ein Seufzer.

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Kindersachen

Im Kopf stand das Gerüst für diesen Blogpost längst. Ich wußte, was ich stricken, zeigen, schreiben wollte. Aber dann kam es doch anders. Kindersachen kamen dazwischen.

Total unerwartet habe ich die Kindersachen zurückbekommen, die ich in den vergangenen Jahren für die Kinder von Freunden gestrickt habe. Die Mädchen hätten einiges nie getragen. Alles wäre in gutem Zustand. Ob ich eine Tüte dafür bräuchte.

Babysocken und Alida Mütze, ein Pucksack, eine Tensfield Mütze, ein grauer Starshine Pullover, der gleiche, wenn auch größer, in pink, zwei Tomten Strickjacken in grün und pink. Alles wieder da.

Ich habe die Tüte genommen und nach Hause getragen. Und nichts geagt. Aber irgendwas daran läßt mich nicht los.

Wäre es anders, wenn sie alles weitervererbt oder in einen Second-Hand-Laden gegeben hätten? Die grüne Strickjacke haben die Motten erwischt. Auch die rosa-gelbe ist in keinem guten Zustand. Die grüne ist schon auf dem Weg in den Container, die andere läßt sich wohl noch retten.

Oder sind es die ungetragenen Starshine Pullover? Wem haben sie nicht gefallen? Den Eltern? Den Mädchen? Sie haben die letzten Jahre im Schrank gelesen. Der eine seit 2019. Der andere seit 2017. Der jüngsten Tochter würde der eine sicher noch passen. Wahrscheinlich sogar beide.

Denke ich zuviel nach?

Wahrscheinlich sollte ich die Eltern darauf ansprechen. Wir sind schließlich Freunde. Aber erstmal werde ich alles waschen, reparieren wo nötig und in Form ziehen. Wäre doch gelacht, wenn ich im Anschluß nicht Kinder finde, die irgendetwas davon tragen möchten.

Und jetzt fix zu Andrea. Nicht, dass ich für den Samstagsplausch zu spät komme.

 

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Poncho, gestrickt 2014

Sieben Jahre ist es her, dass ich diesen Poncho entworfen und gestrickt habe. 2. März 2014 sagt Instagam im schoenstricken Account. Eines von vielen Projekten, über die ich damals mit Jessica nachdachte. Schlicht sollte er sein, kurz und in einem Stück gestrickt.

PonchoAber dabei blieb es. Weil das Leben dazwischen kam und alles anders wurde als gedacht. Nichtmal die Anleitung habe ich je zu Ende geschrieben. Damals nicht und auch nicht danach.

Ich habe ihn in den Schrank gelegt und das war’s.

2016 hatte ich ihn wieder in der Hand (sagen meine Photos. Erinnern kann ich es nicht) und habe dann doch den unteren Rand geändert – auch wenn mich 2014 die Kommentare zum Bild durchaus amüsiert haben. ‚Tassenhaltung‘ oder ‚Pinguinhaltung‘ – da muss man erstmal drauf kommen.

Auch Magda hat damals schon kommentiert, Andrea habe ich erst später kennengelernt.

Poncho2021 mag ich diesen Poncho immer noch. Es ist sehr befriedigend rückblickend zu erkennen, dass er wurde, was er sollte: zeitlos. Das Design hat sich (für mich) bewährt.

Vielleicht hole ich ihn jetzt „aus der Versenkung“. Er hätte es verdient. Zumal meine Notizen tatsächlich auch noch da sind. Es wäre also gar nicht so schwer, die Anleitung zu schreiben.

Mal sehen, vielleicht mache ich das wirklich.

Zuhause

Als der Teenager noch ein kleiner Junge war, war unser Zuhause eine Mietwohnung in Neukölln. Damals war Neukölln noch nicht „in“. Wer ein schulpflichtiges Kind hatte, zog in der Regel weg. Ich muss lachen, wenn ich an die Frankfurter Freundin denke, die mich mich bei einem ihrer Besuche fragte „warum ziehen die Leute die Luft so scharf ein, wenn Du sagst, dass Ihr in Neukölln wohnt?“

Wir liebten den Kiez und die Wohnung trotz allem, wären gerne geblieben, aber dann wechselte der Eigentümer und wir mussten raus. Ein Jahr haben wir gegengehalten, dann fing ich an nach Alternativen zu suchen. Wieder eine Wohnung, gerne in der gleichen Gegend, damit das Kind in seiner Schule bleiben könnte.

ZuhauseDamals gab es noch Wohnungsanzeigen in der Tageszeitung. Liest sich jetzt wie aus einem anderen Leben. Vielleicht war das der Grund dafür, dass ein Makler ein zu verkaufendes Haus im Internet nicht bei den Hausverkäufen einstellte, sondern in der Rubrik Mietwohnungen. Er machte es vielleicht zum ersten Mal. Was immer der Grund war – wir haben es nie erfahren, aber dort (zwischen den Mietwohnungen) habe ich das Haus entdeckt.

Nicht weit vom damaligen Zuhause, ein großes Grundstück, der Garten ein Dschungel, das Haus mit wenig Quadratmetern zwar, aber schön geschnitten und ein Preis, der deutlich über das hinausging, was wir uns leisten konnten. Und doch … Um es aus dem Kopf zu bekommen, machten wir ein Angebot, das weit unter dem lag, was die Vorbesitzerin haben wollte. Sollte sie uns doch absagen.

Aber genau das tat sie nicht. Ob wir was verändern würden in Haus und Garten, fragte sie. „Ein bißchen schon,“ antwortete der Mann lächelnd. Und so wurden wir Hausbesitzer. Ich war Sekretärin in Teilzeit, der Mann ohne Job. Auch das liest sich wie aus einem anderen Leben. Wer würde uns heute noch ein Haus verkaufen?

2013 sind wir dann eingezogen und haben seither „ein bißchen verändert“…  Dach, Fassade, Veranda, Einfahrt. Aus einem Kellerraum wurde ein Gästebad, die Küche ist doppelt so groß wie ursprünglich, im Wohnzimmer ist ein Ofen, einige Bäume gefällt, ehe sie fielen. Die Liste ließe sich noch eine Weile fortführen. Das Haus ist heute definitiv unser Zuhause.

ZuhauseIn all den Jahren bin ich jeden Tag im Garten gewesen. Denn wenn ich am einen Ende angekommen bin, muss ich vorne wieder anfangen. Hopfen, Giersch, Efeu. Äpfel, Beeren, Walnüsse. Säen, pflanzen, ernten. Blätter harken, Ofenholz – es hört nicht auf. Und immer wieder denke in an die Vorbesitzerin, die uns kurz vor Übergabe jeden einzelnen Rhododendron vorgestellt hat. Ich sehe den Mann, wie er freundlich und immer wieder nickend neben ihr hergeht. Er, der sich für Vieles interessiert, aber nicht für den Garten.

Ich glaube, ich rufe sie mal an. Vielleicht möchte sie uns ja besuchen kommen.

Ich würde mich darüber freuen.

… damit in diesem Blogpost wenistens irgendwas „wolliges“ ist, habe ich Bilder meiner aktuellen Sockenprojekte dazwischen gesetzt. Die Goldenen, die im Bild so dekorativ in der Küche liegen, sind gerade fertig geworden. Bei den Blauen fehlt das Garn für die Spitze (und die Idee, wie ich damit umgehe). All das geht jetzt – wie jeden Samstag – zum Samstagsplausch.