Knit your Love

Manchmal erwische ich meinen Kopf dabei, dass er über Stricktechniken nachdenkt, über Rundpassen oder Raglanschrägen, Muster und Möglichkeiten. Einfach so.

Dieser Satz steht hier jetzt schon eine Weile und genauso lange überlege ich, ob es schlau ist, ihn so stehen zu lassen. Auch wenn er genau das aussagt, was ich sagen wollte. Aber liest es sich nicht irgendwie befremdlich? Mein Kopf denkt ohne mein Zutun?

So ist es aber. Und dabei bin ich nicht mal Designerin, sondern stricke nur gerne. Was passiert wohl in den Köpfen wirklich kreativer Menschen, wenn sie mal nicht aufpassen?

Anfang der Woche habe ich mit dem Knit your Love Tuch von Mertina Behm angefangen. Alle 14 Reihen entstehen kleine Herzen, scheinbar losgelöst vom Tuch. Absolut irre! Das erkennt man sogar schon vor dem Spannen. Ich weiß ja, dass wir alle nur rechte und linke Maschen stricken, aber ich kenne wirklich keine Designerin, die Maschen und Umschläge in technisch so ungewöhnliche Designs verwandelt, wie Martina Behm. Nicht auszudenken, was in ihrem Kopf so los ist 😉.

Heaven & Space war das erste Tuch, das ich von ihr gestrickt habe. Gedacht als Shawlette, also als kleines Tuch, habe ich allerdings nicht 16, sondern 25 Musterwiederholungen aus glitzernder blauer Wolle gestrickt, so dass es weit, weich und groß wurde – Heaven and Space eben (ich hätte es messen sollen, ehe ich es verschenkt habe).

Auch Knit your Love ist nur ein kleines Tuch, gedacht aus einem einzigen Knäuel Wolle. (Ich habe Regia Premium Merino Yak in Himbeer meliert genommen). 18 Musterwiederholungen habe ich bisher, 20 sollen es werden. Damit hätte mein Tuch dann eine Breite von 160 cm (was dem entspricht, was in der Anleitung steht). Ich werde allerdings wohl auch dieses Mal ein zweites Knäuel verstricken.

Mehr Herzen! Mehr Himbeer!

Aber jetzt gehe ich erstmal raus in einen perfekten Wintertag. Mit klarer Luft, blauem Himmel und überall Schnee. Ich hatte vergessen, wie schön Winter sogar in einer Großstadt sein kann. Genau darüber schreibt Andrea übrigens heute aus ihrem Teil der Hauptstadt, mit tollen Bildern und ebenso begeistert wie ich.

 

Tuch N°2

Gefühlt habe ich in letzter Zeit mehr geribbelt als gestrickt. Vieles, was im Kopf perfekt funktionierte, ließ sich mit den Händen nicht umsetzen (die roten Socken, der NightShiftShawl, der Birkin …). Kennen wir alle – nicht jede Wolle passt zu jeder Anleitung – passiert halt. Aber zum Glück gibt es ja auch das Gegenteil.

Und genauso war es jetzt!

Projekt und Wolle haben so unfassbar gut zusammengepasst, dass ich schnell mal jubeln muss. Eigentlich zu früh, denn es gibt noch nicht mal Bilder, die dem Jubel gerecht werden, aber spielt das eine Rolle?

Also: zuerst das Projekt. DieStrickmamsell hatte auf Instagram ihr kirschrotes Tuch N°2 von rosa p. gezeigt. Ich habe es kommentiert, ein Wort gab das andere und – zack! – war klar, ich stricke das auch. Genug Wolle war da (dazu später mehr), Nadeln sowieso und noch am gleichen Abend habe ich angenadelt.

Kraus rechts, ab und an ein kleines Loch, Reihen, die immer länger wurden und trotzdem lange nicht langweilig. Es ging tatsächlich richtig flott! Anfangs …. Irgendwann habe ich dann doch den Zopf-Teil herbeigesehnt. Ich hatte genug von kraus rechts und war mir gar nicht mehr sicher, ob das, was ich da strickte, jemals groß und schön werden würde. Ich gestehe: in einer dunklen Stunde war ich (mal wieder) geneigt zu ribbeln … 🙄

Habe ich aber nicht! Stattdessen habe ich im Überschwang noch eine Mustersequenz angestrickt (ohne es zu merken!) und dann erst abgekettet.

Wie so oft hat Baden und Spannen im Anschluß wahre Wunder vollbracht. Mein Tuch wurde nicht groß, sondern riesig und wirklich hinreissend schön.

Und das lag nicht nur an der Anleitung (die im Übrigen wunderbar geschrieben ist), sondern auch an der Wolle.

Um es kurz zu machen: ich habe Regia Premium Merino Yak unterschätzt. Aber sowas von unterschätzt! Mag sein, dass es Sockenwolle ist, aber de facto kann dieses Garn so viel mehr! Weil es so schmeichelnd und weich ist und trotzdem robust, weil es wärmt und – das finde ich das Beste – weil es durch diese ungefärbten kleinen Yak-Fasern meliert ist. Nach dem Waschen plustern die sich noch ein bißchen auf, machen alles noch ein bißchen weicher und mich damit noch ein bißchen glücklicher. Ihr müsst das ausprobieren! Es ist echt so.

Das Grün, mit dem ich gestrickt habe, ist meine allerliebste Lieblingsfarbe*. Ich kann überhaupt nicht beschreiben was es mit mir macht, wenn ich diese Farbe sehe. Kraus rechts in diesem Grün, Zöpfe in diesem Grün, ein wunderbar weiches, wunderbar großes Tuch in diesem Grün – seit es fertig ist, trage ich es jeden Tag.

Und das wird wohl noch eine Weile so bleiben. So lange, bis auch wirklich alle gesehen haben, wie schön das Tuch ist (und dass meine Augen mit diesem Tuch noch ein bißchen grüner sind 🙃).

*Die Farbe ist viel schöner als auf den meisten meiner Bilder. Meliertes Olivgrün, mehr gelb als blau – so, wie Schachenmayr es fotografiert hat.

©Schachenmayr
©Schachenmayr

Babyblaue Tussah-Seide

Anfang des Jahres haben sich meine Wollvorräte eher zufällig um zwei Stränge handgefärbter babyblauer Tussahseide erweitert. So schön, so weich, dass ich gleich wissen wollte, wie sich das strickt.

Gesagt, getan und binnen einer Woche – Samstag auf Samstag – war ein babyblaues Tuch gestrickt. Ein Strang von der Spitze zur Mitte, der andere von der Mitte in die Spitze, 5er Nadeln, keine Anleitung und immermal Umschläge in der zweiten Hälfte als glatt rechts anfing mich zu langweilen.

Mit jeder Reihe wurde das Gestrick weicher, fast wollig,  erst nach dem Baden bekam es diese typische Seiden-Haptik – sowas Glattes, Trockenes; das, was nur Seide hat – und ein perfektes Maschenbild.

Die Stränge waren handgefärbt – das hat mich letztlich gerettet. Der eine wog 93gr., der andere 96gr. Ich bin sicher (sehr sicher!), dass ich mit dem kleineren angefangen habe, aber vielleicht stimmt das auch nicht. Denn am Ende hat’s nicht gereicht. Klassischer „yarn chicken game fail“ …

Für die, die es nicht kennen: vom yarn chicken game (da gibt es kein deutsches Wort für. Oder doch?) spricht man, wenn während des Strickens klar wird, dass die Wolle wahrscheinlich nicht fürs geplante Projekt reicht. Oder sagen wir, dass es eng werden könnte. Manche beginnen dann zu rechnen, andere passen umgehend die Anleitung an, wieder andere stricken einfach nur schneller …

Ich gehöre zu letzteren. Hat mir aber nicht geholfen 🙄.

Zum Glück hatte ich ein Knäuel in sehr ähnlichem Blau, was (je nach Licht) fast passend aussieht. Fast …

Von wem ist „it’s not a bug – it’s a feature“? Jetzt ist ein Tuchzipfel eben noch mehr babyblau als der Rest des Tuches. Ich habe es trotzdem heute verschenkt.

Weil ich finde, dass diese Farbe ganz wunderbar zu der Beschenkten passt (auch wenn ich mittlerweile weiß, dass ihre Lieblingsfarbe grün ist).

Ob sie es wirklich mag – das Tuch und den helleren Zipfel – bleibt abzuwarten.

Kamelwolle

Kamele haben zwei Höcker, Dromedare haben einen – dachte ich immer. Stimmt aber nicht. Mittlerweile habe ich gelernt: Kamele sind sie alle, neugierig und freundlich, aber man unterscheidet zwei Gruppen: Dromedare (1 Höcker) und Trampeltiere (2 Höcker) in der einen, Lamas und Vicunjas in der anderen Gruppe.

Noch interessanter finde ich allerdings, dass Kamele (also die aus Gruppe 1) „in der Mauser“ zwischen 5 und 7 kg Unterhaar verlieren. Das ist irgendwie gut und irgendwie auch nicht. Denn so müssen sie zwar nicht geschoren werden, weil die Haare im Frühjahr büschelweise ausfallen, aber das macht die Verarbeitung auch deutlich aufwendiger. Schließlich muss man diese Büschel nicht nur reinigen, sondern auch das Deckhaar (Grannen = pieksig, grob) vom Unterhaar trennen.

Im Idealfall bleibt dann nur Unterhaar übrig. Unglaublich weich, fast wie Kaschmir und dabei temperaturausgleichend. Gerade letzteres ist eigentlich logisch, wenn man sich überlegt, dass Kamele mehrheitlich in Wüstenregionen leben, wo es tagsüber super heiß und nachts richtig kalt ist. Da muss das Fell ja beides können, also wärmen und kühlen gleichermaßen.

Kurz: ein spannendes, mir bis dato unbekanntes Material, von dem ich mir – als sich bei Grossewolle die Gelegenheit bot – einen Strang gekauft habe. Daniel (Chef bei Grossewolle) hat zu seinem Garn einen Text geschrieben, in dem er alles über Herkunft und Herstellung der Wolle erklärt. (Außerdem erzählt er über dieses Projekt im Interview mit den Ladies vom frickelcast. Das habe ich mir allerdings bisher nicht angehört. Wer mehr über Kamelwolle lernen möchte, dem sei dennoch Beides empfohlen).

Mittlerweile habe hatte ich meinen Strang auf den Nadeln und zu einem Down to the River Tuch verstrickt. Mein drittes, das (nachdem ich die beiden anderen verschenkt habe) eigentlich meins sein sollte. Danach sieht es aber für den Moment aus zwei Gründen nicht aus: die Art des Garns und die Art der Farbe.

Kamelwolle, wie die, die ich habe, hat ein sehr schönes Maschenbild und eine tolle Lauflänge, ist aber nichts, was ich am Hals tragen möchte. Es erinnert mich an skandinavische Wolle. Wolle mit kleinen Widerhaken, die sich gleich nach dem Stricken verfilzt anfühlt. Das mag ich sehr an Pullovern, aber nicht als Tuch. Dieses Pieksen kommt von den Grannen, also durch das Deckhaar, das sich „im Erstversuch“ nicht restlos vom Unterhaar trennen ließ. Davon schreibt Daniel ja auch in seinem Blogpost. Vielleicht liegt es aber auch ein bißchen daran, dass es Kamele sind, die auf deutschen Farmen leben. Könnte doch sein, dass die fern der Wüste kein so schmusig weiches Unterhaar haben. Ich weiß es nicht.

Wie dem auch sei, ich habe versucht, mein fertiges Tuch mit Lanolin weicher zu bekommen, aber das hat nur in Teilen funktioniert. Es kratzt zwar nicht mehr so, aber dafür fühlt es sich nun (auch bei sparsamster Verwendung des Lanolin) irgendwie fettig an. Noch habe ich deshalb nicht entschieden, ob ich es nochmal wasche oder nicht und was überhaupt damit passiert.

Und zu der Farbe: die ist anders als die von Schafwolle beispielsweise. Das ist jetzt keine Überraschung nachdem ein Kamel kein Schaf ist, aber ich habe da vorher nicht drüber nachgedacht. Kamelwolle ist stumpf. Ich wüßte nicht, wie ich es besser beschreiben soll. Von innen heraus stumpf. Guckt Euch Kamele an, dann wißt Ihr was ich meine. (So ein Strang riecht übrigens auch anders als Schafwolle, aber das nur nebenbei).

Trotzdem kann ich nicht loslassen. Ich möchte sehen (fühlen!), wie dieses Projekt weitergeht bei Grossewolle. Da ist so viel Begeisterung dabei, so viel Passion und so viel Arbeit. Und deshalb werde ich wohl auch aus der nächsten Charge einen Strang kaufen. Der wird dann weicher sein, grannenfreier und – kombiniert mit einem zweiten, farbigen Faden – sicher spannend. Und dann schreibe ich wieder darüber.

 

 

 

 

Evolet, gebügelt

Sophia hat es schon immer gesagt: bügeln statt spannen. Geglaubt habe ich ihr nie. Im Gegenteil: ich fand es grausam kleine Fädchen zu bügeln. Bis Ende letzter Woche.

Mein Evolet aus dem Maschenfein-Buch rollte sich und wollte partout nicht so wie ich. Also habe ich erst geschimpft, dann gebeten und dann das Bügeleisen geholt.

Evolet Maschenfein HäkelmonsterWas soll ich sagen? Das Tuch fühlt sich toll an, das Maschenbild ist ebenmäßiger und die Ränder genauso wie ich sie haben wollte. Trotzdem mache ich das nie wieder (glaube ich) – weil es eben doch gruselig ist.

Aber das Tuch, das stricke ich bestimmt noch mal. Aus Tweed. So klassisch, so schlicht, da würde ein schönes Garn super zur Geltung kommen.

Was macht Ihr mit Tüchern, die nicht wollen so wie Ihr?