Fertig!

Gefühlt der 15. Blogpost über diese Decke – ich weiß –  aber sie ist tatsächlich FERTIG! 144 Quadrate sind zu einem großen Ganzen geworden und ja, auch das sage ich immer wieder: das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Auch bei dieser Decke.

Die Farben leuchten, passen zusammen und dank der Eigenschaften von Sockenwolle ist alles genau so, wie ich es haben wollte: die Decke hat ein Eigengewicht, wärmt, fühlt sich gut an, macht weder Knötchen noch Wollmäuse und kann, wenn’s sein soll, in die Waschmaschine.

Und als ich erstmal verstanden habe, wie man Granny Squares verbindet, ohne nach jedem Quadrat den Faden abzuschneiden und neu anzusetzen (…) war es (fast) ein Kinderspiel. Um es mit Ralph Waldo Emerson zu sagen: „Knowledge is when you learn something new every day.“

Der iCord-Rand war dann nochmal ein Akt … zwei Abende habe ich da dran gesessen. Rückwirkend bin ich froh, dass ich es gemacht habe.

Auf Waschen und Spannen habe ich dafür verzichtet. Das Eigengewicht von 865 gr. wird schon dafür sorgen, dass sich jedes Quadrat so dehnt, wie es soll. Stand jetzt ist die fertige Decke über 100 cm breit und knapp zwei Meter lang – zum Zudecken reicht das.

Der Teenager liebt sie und sogar die Strickfreundinnen Andrea und Magda finden sie schön. (Wir erinnern uns: eigentlich war sie ihnen zu bunt und zu unruhig).

Bei allem weiß ich allerdings, dass ich jetzt, wo diese Decke nach sechs Monaten endlich  fertig ist, so bald kein derart großes Projekt mehr häkeln werde. Eine in 2020, eine jetzt – das reicht.

Ich habe den Teenager gefragt, ob er die schöne, neue Decke mal ins Licht halten könnte. Konnte er.

Und ob er Ideen hätte, wie ich sie noch zeigen kann. Hatte er auch. Mehr kann man nicht wollen ❤️

Gioia Socken

Wieder ist eine Woche vorbei und erstmalig musste ich tatsächlich überlegen, ob und über was ich schreiben soll. Denn irgendwie war in den vergangenen Tagen so manches zu viel und anderes zu wenig. Alles, was ich heute zeigen kann, ist deshalb ein Paar Gioia-Socken in Größe 23. Und die waren nicht geplant … Wie es halt manchmal so geht.

Hier ist ihre Geschichte:

Im April ist ‚Intarsientechnik‘ das Thema im Rahmen des Jahresprojektes, dass ich mir mit Andrea vorgenommen habe. Gestrickt werden soll, (wie im Masterclass Buch vorgeschlagen,) das Brambling-Tuch von Bristol Ivy. Aber nun, wo die Schulter unverändert muckt, war sogar mir klar, dass es nicht schlau wäre, innerhalb eines Monats ein ganzes Tuch zu stricken.

Während ich also darüber nachdachte, stolperte ich förmlich über die Gioia-Socken von Rebekka Mauser, die auf Instagram ein Bild dieses neuen Designs zeigte und nach Test-Stricker:innen fragte. Gioia ist italienisch für Freude. Das dachte ich als erstes und dann, dass es wohl eine gute Idee wäe, statt eines Tuches einfach ein kleines Paar Socken in Intarsientechnik zu stricken.

So richtig hat das aber nicht geklappt … Ich wurde zwar als Test-Strickerin angenommen, musste aber ziemlich schnell feststellen, dass die ungewöhnlich konstruierten Socken gänzlich ohne Intarsien gearbeitet werden …. So kanns gehen. Macht aber nichts – im Gegenteil.

Die (englische) Anleitung ist unkompliziert, tatsächlich anders als alle Socken, die ich je gestrickt habe und so einfach, wie logisch. Die Babysocken waren blitzschnell fertig, die Gruppe der Teststrickerinnen engagiert und das bunte Ergebnis gefällt mir überaus gut.

Eigentlich haben die Gioia-Socken ein geringeltes Bein und eine geringelte Fußspitze – es lohnt sich deshalb wirklich, in den nächsten Tagen mal auf Instagram unter #GioiaSocks nach den verschiedenen Modellen zu gucken. Da sollten dann tolle Farbkombinationen in allen Größen dabei sein. (In größeren Größen haben die Socken auch andere Proportionen).

Die kleinen Socken habe ich aus Regia Premium Resten gestrickt. Ein winziger Rest Merino Yak vom Herzen-Tuch (so wenig, dass es tatsächlich nicht ganz für die zweite Ferse gereicht hat), Silk in silbergrau vom Kolding und in teal von den Lovis-Socken und hellblaue Cashmere von der Baby-Kimonojacke.

Und wie sich das für einen Test-Strick gehört, habe ich getestet. Deshalb ist die Farbverteilung unterschiedlich. Stört aber weder mich, noch den zukünftigen Besitzer, noch seine Mutter.

A propos stören: Acht zu vernähende Fäden pro Socke muss man mögen. Mag ich nicht besonders, aber die kleinen Socken sind es wert. Wirklich, sie tragen ihren Namen zu Recht.

Ein langes Wochenende liegt vor uns. Nach all dem Lockdown sollte man meinen, Ruhe hatten wir genug. Gilt nicht für mich. Deshalb freue ich mich jetzt auf Ausschlafen, Zeit, lesen, nichts tun.

Nichts als Friede, Freude, Eier suchen 🐇

Was immer Ihr macht – habt es schön!

#projekt2021. Vielleicht

Andrea schwärmt schon lange vom Blog der Zitronenfalterin. Vergangene Woche bin ich endlich ihrer Empfehlung gefolgt und – was soll ich sagen? – offensichtlich im richtigen Moment. Denn die Zitronenfalterin hat nicht nur einen wirklich schönen Blog (ist es eigentlich der oder das Blog? 🤔), sie regt ausgerechnet in einem ihrer letzten Blogposts an, ein Jahresprojekt zu beginnen und zu verlinken – ein #projekt2021.

Ein Jahresprojekt – mit sowas kriegt man mich ja (leider) schnell. Ein Projekt, das mich ein Jahr lang begleitet. Nicht, weil ich es vor mir her schiebe, sondern weil es so angelegt ist. Jede Woche, jeden Monat an etwas arbeiten, dass nach 365 Tagen ein großes Ganzes ist.

Zum Beispiel ein Wetterschal. Dafür brauchst Du fünf verschiedene Farben eines Lace-Garns. Sagen wir mal weiß, hellgrau und grau, hellblau und royalblau. Jeden Morgen siehst Du Dir dann den Himmel an (wenn Du ein Monk bist, immer zur gleichen Tageszeit), wählst zwei Farben, die der Himmelsfarbe am ehesten entsprechen und strickst zwei Reihen. Weil Du zweifarbig strickst, hast Du 15 Kombinationsmöglichkeiten (Sophia, korrigier mich bitte, wenn das falsch ist 😉). Das reicht für jedes Wetter und jeden Himmel.

Am Ende erzählt Dein Schal die Geschichte Deines Jahres. Vom weißen Winterhimmel und den zarten Farben im Frühling, vom ersten schönen Sommertag und dem Sturm im Herbst.

Ich schweife ab …

Besser: ich drücke mich … Denn 2018 hatte ich schon mal ein Jahresprojekt. Mein #projekt2018. Damals habe ich angefangen, jeden Tag ein kleines Hexagon zu stricken. Jeden Tag aus einem anderen Sockenwollrest. Am Anfang hat mir das total viel Spaß gemacht. Ich musste mich wirklich zurückhalten, um nicht mehr als eins zu stricken. Weil sie so klein sind und so „squishy“ (kennt da jemand ein deutsches Wort für?). Sie schienen sich wie von alleine zu stricken. Aber schon im März wurde es zäher …

Trotzdem blieb ich dabei. Wenn auch mit einer kleinen Unterbrechung: Der Teenager schlug vor, ich könne doch anstelle eines Hexagons jeden Tag eine Liegestütze machen, push ups – wie das Neudeutsch heißt. Jeden Tag eine mehr als am Vortag … Um es kurz zu machen: nach 14 Tagen habe ich wieder Hexagone gestrickt.

Im Mai habe ich dann nicht nur zu Hause gejammert, sondern auch im Blog. Ende Juni war endgültig Schluß. Seither liegen hier sechs Tüten, in jeder ein Monat. Von Januar bis Juni sind das 31+28+31+30+31+30 = 181 kleine Kissen.

2018 war mein Plan, sie zu Stuhl- oder Bankauflagen zu verbinden. An zwei Dingen ist das gescheitert: (1) für einen Stuhl brauche ich um die 40 kleine Hexagone. Um den Eßtisch stehen sechs Stühle. Es reicht also nicht. Abgesehen davon bin ich mir auch nicht mehr sicher, ob  solche Auflagen nicht binnen kürzester Zeit platt gesessen wären.

Außerdem, und damit sind wir bei (2), habe ich keine Idee, wie ich die Dinger verbinden soll. Die Anleitung sieht vor, Fäden durch die Ecken zu ziehen, diese zu verknoten und kurz abzuschneiden. Das überzeugt mich nicht. Denn das würde (zumindest) auf einer Seite nicht schön aussehen und wie lange es hält, weiß der Himmel.

Was ich sagen will: ich könnte doch aus dem #projekt2018 mein #projekt2021 machen.

Ich könnte noch viel mehr Hexagone stricken und die vielleicht zusammenhäkeln oder so. Vorausgesetzt, ich hätte endlich eine zündende Idee, was es werden soll, wenns fertig ist.

Und schon beim Schreiben merke ich, dass ich überhaupt keine Lust dazu habe. (Gar keine!) So sehr könnt wohl nicht mal Ihr mich motivieren.

Leider! Oder doch?

Ende Dezember

Ich habe Handschuhe gestrickt. Einfache, weiche Fausthandschuhe aus Wollresten im Rippenmuster. Und ein paar kleine Quadrate gehäkelt. Auch aus Wollresten. Sonst nichts. Dabei würde es sich anbieten, mehr zu machen. Draußen ist es kalt und grau, ein freier Tag reiht sich an den nächsten und Wolle liegt hier (mehr als) genug. Aber irgendwie geht es gerade nicht.

Also mache ich einfach gar nichts, während dieses so merkwürdige Jahr zu Ende geht. Gucke in Kerzen oder aus dem Fenster, schlafe aus und gehe spazieren, während ich darauf hoffe, dass es morgens bald wieder hell ist.

Denn wie immer um diese Jahreszeit glaube ich, dass mit dem 1. Januar alles neu und anders wird.  Auch wenn ich weiß, dass das nicht stimmt.

„Wir denken selten an das, was wir haben, aber immer an das, was uns fehlt“ soll Schopenhauer gesagt haben. Je älter ich werde, um so mehr fehlt mir Licht.

Deshalb werde ich jetzt schnell noch mal um den Block gehen, ehe es wieder dunkel wird und ehe ich dann bei Andrea lese, was sie und viele andere zum Jahresende bewegt.

Was immer Ihr macht, an diesen letzten Dezembertagen – habt es schön 💙.

 

 

 

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

Für meinen heutigen Post muss ich bißchen weiter ausholen: mit 18 waren meine Leistungskurse in der Schule Geschichte und Englisch. Danach habe ich Hotelfach gelernt, Veranstaltungen organisiert, war selbstständig, dann pleite, habe in Oregon gelebt, mich wieder berappelt, bin über Umwege in Berlin gelandet und habe hier viel Geld verdient.

Als ich schuldenfrei war, habe ich gekündigt, um mich – 18 Jahre nach dem Abitur – an der Humboldt Universität in Berlin einzuschreiben. Die Lieblingsfächer unverändert: Geschichte und Amerikanistik. Parallel zum Studium habe ich 20 Stunden in der Woche gearbeitet, bin einmal um- und dann mit dem Mann zusammengezogen, der Teenager kam auf die Welt. In dem Jahr, in dem er eingeschult wurde, habe ich meinen Magister gemacht. Mit einer Arbeit über Hillary Rodham Clinton.

Heute bin ich Historikerin und Feministin.

Rückblickend weiß ich nicht mehr, wie ich das alles unter einen Hut bekommen habe.  Es muss die Frage nach dem Verhältnis von Macht, Sex und Gender in amerikanischen Präsidentschaftswahlen gewesen sein, die mich tatsächlich nie wieder losgelassen hat. („Cracking the highest, hardest glass ceiling“ übrigens auch nicht, aber das ist eine andere Geschichte).

Die Präsidentschaftswahlen 2008 und 2012, dieses Gefühl nach der Wahl 2016 – es hat sich mir eingebrannt, das weiß ich jetzt wieder. Heute ist alles anders als vor vier Jahren und dabei genauso schlimm. Oder schlimmer?

Behauptungen ohne Belege, Schimpftiraden, Verschwörungstheorien, Verleumdungen, Lügen. Eine Strategie der verbrannten Erde, die auf fruchtbaren Boden zu fallen scheint.

Pennsylvania, Georgia, Arizona, Nevada. „Democracy is sometimes messy.“ Die Jahre vor Trump kommen nach Trump nicht wieder, heißt es. „America first.“ Was jetzt rot ist, wird dann blau. „Buy American.“

Aushalten kann ich es nicht, also verweigere ich Nachrichten und Internet. Gleichzeitig will ich alles wissen. Bis ins letzte Detail.

Es ist Geschichte und Englisch. Es ist nicht mein Land. Weiß der Himmel, warum mir das so nah geht.

In den letzten Tagen habe ich immer wieder gehäkelt. Kleine Quadrate aus kleinen Wollresten. Eins nach dem anderen. Vier Gramm sind genug für Jedes. Stäbchen sind meine Lieblingsmaschen. Wußte ich das vorher schon? Nichts macht mich so gelassen, wie wieder und wieder den Faden zu holen und ihn durch eine Schlinge zu ziehen. Ein Mantra, übersetzt in Wolle.

Dabei sollte es das Projekt eigentlich gar nicht geben. Spontan hatten Magda und Andrea mir vergangene Woche davon abgeraten, als ich ihnen die ersten beiden Quadrate gezeigt habe. Sie wären zu unruhig.

Meine Hände haben das offensichtlich nicht gehört. Nun sind es viele Quadrate und es werden immer mehr (so, wie die abgegebenen Stimmen für die Demokraten). Sie werden immer diverser (so, wie die demografische Entwicklung in den USA).

Mit Glück wird es eine Decke. Fertig wird sie wohl noch bevor dieses unwürdige Spektakel zu Ende ist.